
Eine Analyse von Jörg Sutter
Aktuell gab es mit dem Solarpaket I einige Änderungen für Steckersolargeräte. Eine wesentliche Neuerung ist derzeit aber noch in Arbeit: Die eigene Produktnorm für diese Geräte. Sie soll bis Jahresende fertig werden, Anfang Mai wurde ein zweiter Normentwurf veröffentlicht.
Aktuelles zu Steckersolar
Die Verantwortlichen haben in der letzten Mai-Woche DGS-Steckersolar-Änderungsmonitor wieder aktualisiert. Darin wurden die Änderungen des Solarpaket I mit aufgenommen. Dort sind aber auch Punkte verzeichnet, die noch nicht gelten, beispielsweise die Privilegierung der Geräte im Mieterbereich und die Änderung der Anschlussnorm, die derzeit in Arbeit ist.
Die neue Produktnorm
In den vergangenen Jahren wurde von der DGS ein „DGS-Sicherheitsstandard“ für Steckersolargeräte entwickelt. Darin sind einige sicherheitsrelevante Punkte beschrieben. Dieser Sicherheitsstandard wird ungefähr zum Jahresende 2024 durch eine Produktnorm des VDE ersetzt. Diese Produktnorm ist in den inhaltlichen Details kaum für Anwender relevant, umso mehr aber für die Hersteller. Zu den geänderten Inhalten des aktuellen Entwurfes gleich mehr.
Vorteil für Nutzerinnen und Nutzer
Doch die Vorteile, wenn die Produktnorm gültig sein wird, sind enorm. Denn es wird dann ein klares Unterscheidungsmerkmal geben, mit dem man die „Spreu“ vom „Weizen“ trennen kann: Einerseits werden die Hersteller, welche die Anforderungen der Norm für die Geräte erfüllen, in Werbung in Verkauf ein „gemäß VDE 0126-95“ nutzen und stolz darauf sein. Andere Anbieter werden aus Gründen des dafür notwendigen Aufwands darauf verzichten, können dann aber auch nicht mit „normgerecht“ werben. Und das könnte ein Hindernis für den Vertrieb werden, wenn beispielsweise Vermieter den Einsatz von solchen Kleinkraftwerken erlauben, aber als Bedingung die Nutzung eines normgerechten Produktes fordern. Auch Fördergeber – etliche Kommunen fördern Steckersolar – könnten auf die Idee kommen, aus Sicherheitsgründen nun noch normgerechte Steckersolargeräte mit einem Zuschuss zu versehen. Doch noch einmal zur Erinnerung: Das kann und wird erst nach der Verabschiedung der Produktnorm erfolgen, vermutlich zum Ende dieses Jahres, vielleicht auch schon einige Wochen vorher.
Wer sich im kommenden Jahr 2024 auf die Suche nach einem „guten“ Steckersolargerät begibt, sollte sich ein normgerechtes aussuchen, kann er sich doch dann darauf verlassen, dass viele Sicherheitsvorgaben eingehalten sind. Schon im Einsatz befindliche Geräte sind jedoch von der kommenden Produktnorm nicht betroffen.
Zweiter Norm-Entwurf – wenig geänderte Inhalte
Die Inhalte des ersten Normentwurfs haben wir schon einmal in den DGS-News skizziert. Beim Vergleich der Inhaltsverzeichnisse fällt grundlegend auf, dass die im 1. Entwurf noch in zwei informelle Anhänge gepackten Aspekte des Anschlusses (vor allem die „Steckerfrage“ des Haushaltssteckers) nun in den Normtext selbst integriert wurden. Ansonsten gleichen sich Umfang und Inhaltspunkte zwischen 1. und 2. Entwurf stark.
Wichtig ist die Bemerkung, dass diese Norm nur das Gerät selbst beschreibt und nicht die Anschlussbedingungen zum Anschluss an das Stromnetz, die weiter in der VDE 0100 0551-1 beschrieben sind. Dies wurde sogar im Anwendungsbereich des neuen Entwurfes explizit ergänzt.
Eine der wichtigsten Änderungen zum 1. Entwurf: Bei der Leistungsgrenze stehen nun zwei Grenzwerte. Zum einen wurde die maximale Scheinleistung des Wechselrichters von 600 Watt (1. Entwurf) auf 800 Watt angehoben. Zum anderen ist eine Maximalleistung der Solarmodule nun mit 800 Watt + 20 Prozent angegeben, also in der Praxis eine Gesamt-Modulleistung von 960 Watt peak angesetzt. Hier unterscheidet sich der aktuelle Normentwurf erheblich von der neuen Steckersolar-Definition im Solarpaket I, das max. 2.000 Watt definiert. Für die typischen Steckersolargeräte mit 1-2 Modulen ist das nicht relevant: Auch wenn es vielleicht in einigen Jahren 480 Wp-Module zu kaufen gibt, wird bei zwei Modulen die Grenze von 960 Wp noch eingehalten. Trotzdem haben wir als DGS bei einer Veranstaltung des BMWK kürzlich dafür plädiert, hier eventuell mit zusätzlichen Sicherheitsanforderungen doch eine maximale Modulleistung von 2.000 Watt auch in der Norm zu ermöglichen, um hier Gleichheit der Grenzwerte mit dem Solarpaket I herzustellen.
Aufgenommen in den neuen Normentwurf wurde auch ein maximaler Einspeisestrom von 3,5 Ampere; dieser ergibt sich aber aus den 800 Watt Peak-Leistung, geteilt durch die Steckdosen-Haushalts-Nennspannung von 230 Volt sowieso.
Die möglichen Steckverbinder sind nun im 2. Normentwurf explizit aufgeführt: Es darf (wie schon bisher) der „Wieland-Stecker“ sein; aber auch der (Schuko-)Haushaltsstecker wird unter bestimmten Sicherheitsvorgaben, die das Gerät erfüllen muss, zugelassen. Wird die Norm gemäß dem aktuellen 2. Normentwurf verabschiedet, so bekommen die Nutzer:innen Steckersolargeräte mit Haushaltssteckern, die entweder eine mechanische oder weitergehende elektronische Absicherung enthalten, damit die blanken Pole des Geräts beim Ausstecken keine Verletzungsgefahr darstellen.
Bei den netztechnischen Anforderungen wurden im 1. Entwurf noch zahlreiche Einzelvorgaben aus der VDE 4105 aufgezählt. Das wurde nun umgedreht: Laut 2. Entwurf muss die derzeit noch aktuelle Norm VDE 4105 erfüllt werden, einige Punkte sind jedoch explizit ausgenommen. Auch wird jetzt darauf hingewiesen, dass sich die VDE 4105 in Überarbeitung befindet und zukünftig eine eigene Kategorie „Kleinsterzeugungsanlagen“ enthalten wird.
Für Hersteller und Vertriebe von Steckersolargeräten sei dringend das Studium des vollständigen Normentwurfes empfohlen – ich konnte hier nur die (aus meiner Sicht) wichtigsten Änderungen zwischen 1. und dem aktuellen 2. Normentwurf darstellen.
Kommentierung erwünscht
Eigentlich ist es unüblich, dass ein Normentwurf zweimal eine öffentliche Kommentierung durchläuft. Der zuständige Arbeitskreis hat sich jedoch dazu entschieden, weil aufgrund der über 700 Einsprüche wie eben beschrieben doch einige erhebliche Änderungen zum ersten Entwurf eingearbeitet wurden. Der aktuelle Normentwurf (und auch der erste Entwurf vom November 2022) kann online eingesehen werden. Es ist nur eine einfache Registrierung mit der eigenen E-Mail-Adresse im Portal der VDE-Normenbibliothek notwendig. Danach kann man nach „VDE V 0126-95“ oder „Steckersolargeräte“ suchen.
Dort besteht auch die Möglichkeit, eine eigene Kommentierung des Normentwurfes vorzunehmen und digital abzusenden. Die Kommentierungsfrist läuft bis zum 3. Juli 2024. Auch die DGS wird dazu wieder Stellung beziehen. Dieses Mal wird unsere Stellungnahme kürzer ausfallen, da einige der von uns beim 1. Entwurf angeführten Punkte nun voll in unserem Sinne im 2. Entwurf enthalten sind – Stichwort Haushaltsstecker und 800 Watt.