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Jörg Sutter

Warum schreibt die Presse die Photovoltaik kaputt?

Screeenshot Meldung [Bild: Web]

Eine Beobachtung von Jörg Sutter

In den letzten Wochen sind Presseberichte erschienen, die aus meiner Sicht unnötige Verunsicherung und Verwirrung erzeugen, oft gepaart mit wirklich falschen Überschriften. Warum wird hier Stimmung gegen die Photovoltaik gemacht und was wurde hier dargestellt?

Eigentlich haben wir derzeit Grund zur Freude: Die Gesamtleistung der Photovoltaik in Deutschland hat die Marke von 100 Gigawatt übersprungen. Und in einem Faktenpapier des Fraunhofer ISE ist zu lesen, dass die energetische Rücklaufzeit einer PV-Anlage in Deutschland heute nur noch bei 1,3 Jahren liegt. Die PV ist damit eine Erfolgsstory.

Doch seit die Netzbetreiber Alarm geschlagen haben, weil der Netzausbau nicht so schnell geht wie der PV-Ausbau, gibt es auch Gegenwind. Das Fatale daran: Hier werden zumindest in den Überschriften massive Änderungen suggeriert, die in Wirklichkeit nur in Spezialfällen so eintreten könnten – wenn überhaupt.

Beispiel 1: „Für Solarbesitzer droht das Ende der Einspeisevergütung“.
Gemeint (später abgeschwächt und dann auch im zu lesenden Text relativiert) wird die Ankündigung, bei negativen Strombörsenpreisen keine EEG-Vergütung mehr auszuzahlen, um hohe Einspeisespitzen zu vermeiden. Das ist einer der Punkte, die im aktuellen Entwurf des „Solarspitzengesetzes“ stehen, welches wohl am heutigen Freitag (31.1.2025) vom Bundestag in 2. und 3. Lesung beschlossen werden wird.

Doch die genannte Überschrift ist in vielen Details falsch.

Zum einen: Es geht nicht um ein Ende der Vergütung, sondern nur um eine zeitweise Aussetzung im Stundenbereich, die dann über ein kompliziertes Rechenverfahren nach der 20-jährigen Vergütungszeit nachvergütet wird. Ja, wenn das Gesetz wird, erleiden die Betreiber einen kleinen Zinsnachteil; aber das war es dann auch schon; das ist ein kleiner Preis für das große Ziel, die Photovoltaik besser in unser Stromsystem zu integrieren. Und genau betrachtet, ist in der Überschrift auch die Formulierung „für Solarbesitzer“ falsch: Wir lassen mal durchgehen, dass damit eigentlich die Betreiber gemeint sind. Doch sollte die Neuregelung kommen, ist sie nur für neue PV-Anlagen relevant. Die Betreiber, die bereits eine Anlage besitzen, können weiter ruhig schlafen.

Eine Anmerkung am Rande: Dass die gesamte EEG-Förderung mit erfolgreicher Abschaltung des letzten Kohlekraftwerkes endet (auch hier nur für Neuanlagen, die alten bekommen selbstverständlich weiter ihre Vergütung), steht seit Jahren im EEG selbst geschrieben, nachzulesen hier im Paragraf 1a des aktuellen EEG 2023. Also auch deswegen ist keine Panik angesagt.

Beispiel 2: Spekulationen zur Wiedereinführung der Mehrwertsteuer auf Photovoltaik
Auch zu diesem Thema gab es in den vergangenen Wochen Irritationen. Denn es wurde tatsächlich über eine Wiedereinführung der Mehrwertsteuer diskutiert – jedoch nicht bei uns in Deutschland, sondern im Rahmen von Koalitionsverhandlungen bei unseren Nachbarn in Österreich. In Deutschland ist derzeit keine Änderung in Sicht. Und das wird aus meiner Erwartung auch bis auf weiteres so bleiben.

Warum werden hier – vor allem in Überschriften – falsche oder missverständliche Behauptungen aufgestellt? Zum einen – gerade im Online-Bereich – wohl vor allem wegen des Mechanismus`, dass viele Klicks auf eine Meldung auch mehr Geld für die Online-Medien bedeuten. Eine reißerische Darstellung in einer Überschrift verleitet zum Anklicken – das hilft dem Medium, das dahintersteht. Zum anderen sind es in den meisten Fällen auch wieder die „üblichen Verdächtigen“, also Medien wie die Springer-„Welt“ & Co, die schon seit längerem die Energiewende madig schreiben und bei einem brennenden Elektroauto den Untergang des Abendlandes herbeireden – als würden nicht 50 (!) Verbrennerfahrzeuge pro Tag in Deutschland in Flammen eines Vollbrandes aufgehen.

Was hilft?
Gegen immer extremere Überschriften und die Klick-Erhaschungsmethoden der Online-Medien ist bislang kein Kraut gewachsen. Es hilft aus meiner Sicht nur, wenn gleichzeitig Medien wie die DGS-News, die SONNENENERGIE und viele andere in einer ruhigen und sachlichen Art dagegenhalten. Und wenn Sie als Leser den reißerisch agierenden Medien einfach die Unterstützung verweigern, indem solche Panik-Artikel von Ihnen einfach nicht angeklickt und gelesen werden. Probieren Sie das gerne einmal aus: Sie werden sehen, dass Sie die Welt (und damit meine ich nicht die Zeitung) gleich ein wenig positiver wahrnehmen.