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Jörg Sutter

Und wo bleibt der Klimaschutz?

Wahlbenachrichtigung [Bild: Sutter]

Ein Kommentar von Jörg Sutter

Am Dienstag in dieser Woche lag die Wahlbenachrichtigung für die Bundestagswahl bei vielen im Briefkasten, seit vergangenen Freitag hängen die ersten Wahlplakate, die den Bundestagswahlkampf eingeläutet haben. Die Stadtverwaltung in Pforzheim hat dabei erst einmal eine Partei zurückgepfiffen, die früher als genehmigt mit dem Aufhängen der Plakate begonnen hat. Doch darum soll es nicht gehen.

Wir werden an dieser Stelle in einer der kommenden Wochen einen genauen Blick in die Wahlprogramme werfen. Diese lagen leider in den letzten Tagen teilweise noch nicht in verabschiedeter Form vor. Doch auch ohne Blick in die Unterlagen darf man schon die Frage stellen, ob der Klimaschutz unter die Räder kommt bei dieser Wahl.

Schauen wir uns einige der Aussagen einmal an, die in den letzten Tagen in den Gazetten und auf den Webseiten durch die Republik gingen. Da geht es um die Kosten des Solarstromausbaus und dass diese Erfolgsgeschichte gerade ganz böse sei, weil das vermeintlich viel zu viel Geld kostet. Doch wie hat sich das entwickelt? Die Kosten für das EEG lagen in den Jahren 2016 bis 2021 jedes Jahr über 22 Mrd. Euro. Im vergangenen Jahr waren es 16,5 Mrd. Euro – für eine viel größere Ausbaumenge als in den Jahren zuvor. Und die Politik? Beklagt vielfach quer durch die Parteien die plötzlich ach so hohen Kosten. Wer die Jahreswerte betrachten will: im „übrigens“ unten ist dabei zu einer Grafik der ZfK verlinkt. Und können wir es nicht auch einfach als Erfolg feiern, dass wir im vergangenen Jahr 62,7 % der öffentlichen Nettostromerzeugung erneuerbar hinbekommen haben in Deutschland?

Bei der CDU stellt der Spitzenkandidat Friedrich Merz inzwischen nicht nur in Aussagen die Wirtschaft einmal mehr über den Klimaschutz, sondern versieht auch den ökologischen Umbau der Stahlindustrie mit einem Fragezeichen, so als ob es keine europäischen und internationalen Klimaziele gäbe. Gleichzeitig verabschiedet sich seine Partei verbal von Heizungsgesetz, wenigstens aber auch ein wenig von der Schnapsidee, die abgeschalteten Kernkraftwerke wieder zum Laufen bekommen zu wollen. Doch mich würde schon interessieren, ob die CDU-Forderungen zur Bundestagswahl mit dem europäischen „Green Deal“ von CDU-Frau von der Leyen vereinbar sind.

Von Frau Weidel hören wir pressewirksam, dass sie die Windkraftanlagen im Land abreißen möchte, später wird die Aussage teilweise zurückgenommen und soll nur auf ein konkretes Windparkprojekt bezogen gewesen sein. Die Idee deckt sich mit der Forderung nach Abriss von Windkraftanlagen in den USA, den Donald Trump formuliert hat, um danach auch das einzuschränken auf Offshore-Anlagen. (siehe unten „Übrigens …“)

Was will ich mit diesen drei Beispielen zeigen? Dass ich – bevor der Wahlkampf richtig begonnen hat – jetzt schon enttäuscht bin. Bei solchen Aussagen kann ich mir nicht vorstellen, dass die Wahlprogramme den Klimaschutz in der Wichtigkeit enthalten, die er verdient hat. Ich glaube nicht, dass wir in den kommenden Wochen verantwortliche Politiker sehen werden, die uns machbare Lösungen gegen die Klimakrise aufzeigen, welche schon vor unserer Haustür steht – zuletzt bewiesen durch die Naturkatastrophen in Italien und Spanien.

Doch die Wähler wollen nach Umfragen eher, dass die Wirtschaft brummt und die Energie günstiger wird. Und die gleichen Wähler kaufen sich nach wie vor den durstigen SUV und haben sich noch nicht über dynamische Stromtarife informiert. Haben Sie das schon gemacht? Seit 1. Januar 2025 muss auch Ihr Stromversorger einen dynamischen, zeitvariablen Stromtarif im Angebot haben. Zugegeben: Das lohnt sich nicht für jeden und einen SmartMeter braucht man auch, doch statt über negative Strompreise an der Strombörse zu schimpfen, könnte man sich auch einfach mal über günstige Strompreise freuen und diese nutzen, oder nicht?

Ich fürchte, der kommende Wahlkampf wird wieder von plakativen Sprüchen geprägt, nicht von Zukunftsverantwortung, von kurzfristigen Versprechungen und nicht von langfristiger Weitsicht.
Vielleicht macht ja Donald Trump auch noch die vielen Windanlagen in Kalifornien für die Winde verantwortlich, die die verheerenden Brände in Los Angeles anfachen. Und vielleicht plappern das dann Politiker bei uns im Wahlkampf der kommenden Wochen auch noch nach. Wundern würde mich das jedenfalls inzwischen nicht mehr.