
Ein persönlicher Messebericht von Heinz Wraneschitz
„Speicher gehören heute einfach im Haus dazu. Eine erfreuliche Entwicklung“ nannte dies Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des Branchenverbands BSW Solar zum Start der der Münchner Vierfach-Fachmesse „The Smarter E“ 2024. Denn immerhin 1,2 Mio. stationäre Heimspeicher sind laut Körnig inzwischen in Deutschlands Häusern installiert.
Außerdem haben auch Handwerk und Industrie inzwischen offensichtlich gemerkt, dass eigener Solarstrom günstig ist: Das Segment der PV-Dachanlagen über 30 kWp hat im 1. Quartal 2024 um 81 Prozent über dem Vorjahresquartal gelegen. Auch bei Gewerbespeichern merkt der Solar-Verband eine immer stärkere Nachfrage: Deren Installationen haben sich von 2022 nach 2023 etwa verdoppelt. Insgesamt lieferte die Sonne 2023 12 Prozent des verbrauchten Stroms. All das habe dazu geführt, „dass es inzwischen wieder deutlich mehr als 110.000 Jobs im Solarbereich gibt“, so Körnig.
Selbst wer kein eigenes Haus hat, kann heutzutage mit einem Balkonkraftwerk eigenen Strom produzieren – ebenfalls oft mit einem Speicher hintendran. Doch wohl die wenigsten dieser Puffer schalten bisher bei Netzausfall automatisch auf Selbstversorgung um. Letzteres aber könnte ein Trend werden. Schon bei der besagten Pressekonferenz des BSW Solar meldete sich ein offensichtlicher Prepper zu Wort, also (laut Wikipedia) „eine Person, die sich mittels individueller Maßnahmen auf verschiedene Arten von Katastrophen vorbereitet“: Ist womöglich künftig bei Preppern neben 120 Litern Trinkwasser auch Solarnotstrom im Keller gefragt?
Speicher fast überall
Heuer konnten Besucher:innen dieser nach Veranstalter-Angaben „Europas größten Messeallianz für die Energiewirtschaft“ das Gefühl bekommen: Auf den Ständen geht es weniger um die Erzeugung von Ökostrom, sondern um dessen Speicherung.
Das Batterie-Angebot war jedenfalls schier unüberschaubar. Doch das ist kein Wunder, denn die gerade mal dreitägige Schau wächst auch allgemein immer weiter: 3.008 Aussteller aus 55 Ländern füllten 19 Messehallen sowie ein Freigelände von insgesamt 206.000 Quadratmetern Fläche. 110.000 Fachbesuchern aus 176 Ländern wollten dabei sein, und Über 2.500 Teilnehmer an den Konferenzen und „Side Events“.
Auf dem Speicherteil der Messe, der ees Europe, war zu sehen: Selbst Notstrom aus der eigenen, batteriegepufferten Photovoltaik-(PV-)Anlage ist möglich. Hier ist z.B. der niederbayerische Solarsystemanbieter Fenecon ziemlich weit. Dessen selbstentwickelte „AVU“ bietet eine „automatische Verbraucher-Umschaltung im Notstromfall“ – deshalb die Abkürzung. Der Schaltkasten wird einfach zwischen Einspeisezähler und Hausinstallation eingebaut – Problem gelöst. Und das für ein Leistungsspektrum von 6 bis 30 Kilowatt (kW) – dafür hat Fenecon Wechselrichter im Portfolio.
Einen knapp vierstelligen Betrag soll die Fenecon-AVU kosten, war zu hören. Eine Handumschaltung sei natürlich auch möglich – und bei Überlast schaltet der Wechselrichter einfach ab. Diese Begrenzung der Notstromentnahme dürfte aber unproblematisch sein – außer, man will ausgerechnet dann, wenn kein Netzstrom da ist, auch noch sein E-Auto mit höherer Leistung laden.
Stromausfälle solar überbrücken
Notstrom könnte manchmal schon helfen. Denn wer kennt es nicht? Ausgerechnet am kältesten Wintertag fällt das Stromnetz für zwei Stunden aus. Weshalb dann auch die Heizung stoppt – egal ob Gas- oder Wärmepumpen-versorgt. Oder: Genau am schönsten Sonnentag im heißen Juli kommt kein Strom vom Versorger mehr an – wie schnell schmilzt das Eis im Gefrierschrank dahin? Solarer Notstrom ist hier die Lösung. Den gibts im Übrigen sogar schon aus den kleinen, immer weiter verbreiteten Balkonsolarkraftwerken. Und zwar mit oder sogar ohne Speicher.
Kompetenz in Deutschland ist begrenzt
Doch die Systeme – Solarmodule, Mini-Wechselrichter, Speicher – stammen aktuell zum Großteil nicht aus Europa, sondern aus Fernost. Europas Solarindustrie berappelt sich zwar langsam wieder, wie auch vom BSW-Solar zu hören war. Doch wirklich weltweit verbreitet sind wohl höchstens die Wechselrichter des Herstellers SMA aus Kassel: Der hat den Hersteller-Exodus der 2010er Jahre augenscheinlich gut überstanden. Ansonsten zeigte sich auf der Messe, wo Europas und Deutschlands Industrie bis heute Fachkompetenz hat: im Maschinenbausektor.
So wurden an vielen Ständen Putzroboter angeboten, die gerade die heute oft sehr flach montierten Solarmodule auf Dächern oder in Freiflächenanlagen halb- oder vollautomatisch von Staub oder Vogelkot entfernt. Bei der Firma Staudinger aus Bad Grönenbach im bayerischen Unterallgäu beispielsweise ist man stolz auf „Helios, the clever solution“, den „in dreijähriger intensiver Entwicklungsarbeit zur Serienreife gebrachten PV-Reinigungsroboter mit Fernsteuerung“. Dass dieser „ohne chemische Zusätze“ reinigt, macht ihn auch dort einsetzbar, wo unter den Modulen Biotope entstanden sind.