
Ein Bericht von Heinz Wraneschitz
Bayerns Wirtschafts- und Energieminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) erntete kürzlich für diese Aussage massiven Widerspruch: „Die Elektromobilität wird sich weiterentwickeln, wir sollten deren Monopolstellung aber nicht erzwingen. Wir haben mit dem Verbrenner und dem Wasserstoffantrieb gute Ergänzungen.“ Kein Wunder, denn das Statement gab er auf dem ersten „Batteriekongress Bayern“ in Nürnberg ab.
Etwa 200 Fachleute aus Industrie, Forschung und Verwaltung waren der Einladung von Bayern Innovativ (BI) in den Eppeleinsaal der Nürnberger Jugendherberge an der Burg gefolgt. Offiziell sollte der Kongress der Vernetzung unter den Akteuren dienen. Die gelang offensichtlich auch recht gut. Denn schnell war zu merken: Der anwesenden Batterieszene geht diese vielbeschworene „Technologieoffenheit“ ziemlich gegen den Strich. Gerade Freiwähler, C-Parteien und Freidemokraten tragen diese immer wieder wie eine Monstranz vor sich her. Und weil Aiwanger beispielhaft für besagtes Parteienspektrum steht, prasselte die allseitige Kritik heftig auf den anwesenden Vize-Ministerpräsidenten ein.
Getriebene mit verzettelter Forschungsstruktur
Den Grund dafür nannte – womöglich unbewusst – BI-Geschäftsführer Rainer Seßner: „Wir haben hier in Bayern ganz viele tolle Akteure auf dem Feld der Batterie, die immer wieder neue Innovationen in die Produktion bringen.“ Trotzdem: Für Aiwanger sind wir hierzulande „mehr Getriebene, als vorndran zu sein. Aber wir tun in Bayern das, was wir tun können“, so zum Beispiel mit den Forschungseinrichtungen in München, Bayreuth, Würzburg und Augsburg. Bei Leistungsfähigkeit, Sicherheit, „mit Inhaltsstoffen, die andere nicht an der Hand haben sind fünf Wettbewerber vorn dabei“.
Deshalb trügen nicht die Bayern, sondern andere die Schuld an der aktuell miesen Situation bei der Batterieherstellung: Einerseits „die starke asiatische Dominanz. Die Chinesen, die globale Strippen ziehen und Rohstoffe wie Kobalt, Lithium, Nickel haben. Die massive staatliche Unterstützung dort: Geld spielt offenbar keine Rolle.“ Und andererseits „diskutieren wir in Europa wie in den 1980er Jahren weiter über Beihilfebedingungen. Wir müssen in Europa gemeinsam stark sein, sehr viel aggressiver und offensiver dagegen halten“, forderte Aiwanger deshalb Bundesregierung wie EU-Kommission zum schnellen Handeln auf.
So weit stimmten die Teilnehmer:innen dem Minister zu. Doch dann kam sein Plädoyer für „Verbrenner: Die werden länger bleiben. Wenn wir 2035 damit Schluss machen, kommen andere an uns vorbei.“ Und schließlich mahnte er besagte Technologieoffenheit an, wenn auch etwas versteckt: „Wir reden sehr stark über die Batterie im Auto und Lkw – im engen Wettbewerb mit dem Verbrennungsmotor. Hier ist auch Wasserstoff keine Konkurrenz zur Batterie, denn Brennstoffzellen-Autos brauchen ebenfalls starke Batterien.“
VDI-/VDE-Gesamtleiter Batterie widerspricht
Auch, dass Hubert Aiwanger beschwichtigend ergänzte, „Wenn wir den Wasserstoff nicht in den Erfolg kriegen, brauchen wir die Batterie noch mehr“, half ihm hier wenig. Schon der folgende Referent – Uwe Seidel, der bei der VDI/VDE Innovation + Technik GmbH die Gesamtprojektleitung Batterie innehat – hielt dagegen. „Diese immer wieder aufkommende Diskussion um das Verbrennerverbot führt zu Unsicherheit in der Industrie.“ Deshalb forderte Seidel bei der Technologiediskussion „nicht nur eine politische, sondern eine mit und auf Fachebene“.
Michael Krausa vom Kompetenznetzwerk Lithium-Ionen-Batterien e.V. stellte zwar zuerst heraus: „Nachtsichtgeräte, Funkgeräte, Drohnen – überall sind Batterien drin, nicht nur in Autos.“ Mit Blick auf die Anwesenden aber machte er klar: „Nur wer heute zu Fuß gekommen ist, ist hier ohne Batterie ausgekommen. Batterietechnik ist eine der Kernkompetenzen des 21. Jahrhunderts.“
Für Krausa jedenfalls sind Elektroautos „der wichtigste Punkt bei der Herausforderung, in der Mobilität die CO2-Emissionen zu reduzieren. Ein Windrad kann 1600 E-Fahrzeuge, 600 Brennstoffzellenautos oder 250 mit Biofuels betriebene Verbrenner versorgen.“ Dabei bezog er sich auf eine vom ADAC veröffentlichte Berechnung. Deshalb sei Wasserstoff zwar der richtige Weg, bei der Stahl- oder Chemie-Industrie die CO2-Ausstoß zu senken, aber eben nicht bei der Mobilität.
Gerede um Technologieoffenheit verhindert E-Auto-Kauf
Laut Prof. Maximilian Fichtner, für die Batterieforschung am Helmholtz-Institut Ulm zuständig, führe die ständige Forderung nach Technologieoffenheit gar „zur Kaufzurückhaltung bei E-Fahrzeugen in Deutschland. Und die wird zum Problem für den Standort. Denn es kann nicht sein, dass wir bei E-Fahrzeugen 58 Prozent Exportquote haben.“
Auf Nachfrage der DGS-News, warum Bayern und Deutschland bei Batterien bis heute Getriebene und nicht trotz des seit den 1980er Jahren bekannten Wissens um das ungelöste Speicherproblem vorndran seien, antwortete Minister Aiwanger: „Weil die Fossilen Energien billiger waren, Gas vor allem.“ Im BR-Interview kurz zuvor hatte er dagegen vor allem den Gewerkschaften die Schuld gegeben: Die Produktion in Deutschland sei durch deren ständige Forderungen nach mehr Geld „schlicht zu teuer“.