Ein Bericht von Heinz Wraneschitz

[Foto: Heinz Wraneschitz]
Beim ersten Spatenstich für das nach Meinung der Bauherrnschaft „modernste Kompostwerk in Deutschland“ am 4. April war auch Bayerns Umwelt- und Verbraucherschutzminister Thorsten Glauber (Freie Wähler) dabei.
Dieses Kompostwerk wird im Laufe der kommenden zwölf Monate in Seckendorf aus dem Boden gestampft. Auf diesem Geländestück, einer Art „Exklave“ der Marktgemeinde Cadolzburg, ist bereits seit 2011 das „Bioenergiezentrum“ der Fürther Stadtwerke infra angesiedelt. Diese Maisvergärungsanlage erzeugt etwa fünf Prozent der im Gasverteilnetz der infra jährlich verbrauchten Energiemenge.
Den Begriff des „modernsten Kompostwerks“ hat Johann Peter geprägt, seit einigen Jahren Geschäftsführer des Bauherrn Agrar Kompost GmbH (AKG). 7 bis 8 Millionen Euro werde das Projekt kosten. Möglich sei die Investition geworden, weil die AKG zuletzt wieder die Ausschreibung des Landkreises Fürth für die Verwertung dessen organischer Abfälle gewonnen habe, verrät der AKG-Chef auf Nachfrage und ergänzt: „Für das Projekt bekommen wir keinerlei Förderung.“
Schon seit 1992 bearbeitet die AKG die Abfälle aus den „braunen Tonnen“ des Landkreises Fürth, aber auch aus anderen Regionen. Wer denkt, dass dies nur in der seit damals arbeitenden AKG-Biogasanlage Keidenzell (Stadt Langenzenn) passiert, liegt aber falsch: Schon bisher landet etwa die Hälfte dieses „Biomülls“ auf der seit über 30 Jahre betriebenen „offenen“ Kompostierung auf der Anhöhe zwischen Seckendorf und Siegelsdorf. Zurzeit sind dies nach Firmenangaben 9.900 Tonnen jährlich. Was man riechen kann, auch wenn gesetzliche Grenzwerte eingehalten werden.
Dreifache Bioabfallmenge
In der neuen Anlage wird sich zwar die Abfallmenge auf 27.500 Tonnen fast verdreifachen. Wie es heißt, sollen diese weiteren Zulieferungen unter anderem aus der Lebensmittelindustrie kommen. Doch die „Hauptrottephase“ wird dann in einer über 100 Meter langen Halle ablaufen. „Ein Biofilter reinigt die geruchsbelastete Luft aus der Rottehalle.“ Was laut AKG viel weniger Geruchsemission bedeutet.
70 Prozent PV-Eigenstrom und Regenwassernutzung
Doch das ist nur ein Aspekt auf dem Weg zum „Kompostwerk der Zukunft“: Johann Peter erklärt das Zusammenwirken von einem doppelgläsernen Ein-Megawatt-Solarstromdach der Halle mit einem Batteriespeicher von der Kapazität einer Megawattstunde: so kann gleichzeitig die Sonne die Luft im Inneren erwärmen, und der Strombedarf wird übers ganze Jahr zu 70 Prozent gedeckt. Außerdem werde „in der neuen Anlage alles integriert, was die aktuelle Technik hergibt“, wofür vor allem die in Wels (Oberösterreich) ansässige Firma Compost-Systems GmbH verantwortlich zeichne. Nicht zuletzt solle im Wesentlichen das auf Dach- und Asphaltflächen gesammelte Niederschlagswasser für die Kompostierung genutzt werden.
Für diese „visionäre Entwicklung“ loben sowohl die Cadolzburger Bürgermeisterin Sarah Höfler (SPD) als auch ihr Amtsvorgänger und jetzige Landrat Bernd Obst (CSU) die AKG. Die wurde einst von zehn Bauern aus dem Landkreis gegründet, die laut Johann Peter auch heute noch „der Grundstock der Firma“ sind. Landrat Obst sieht einen offensichtlichen Zusammenhang zwischen den kurzen Entsorgungswegen und den Preisen, derentwegen die AKG auch die jüngste „Grünabfall-Ausschreibung des Landkreises nach Vergaberecht gewonnen“ hat – ein aus seiner Sicht positiver Bürokratie-Aspekt.
Fünf Jahre Planung und Genehmigung
Doch die Bürokratie taucht auch beim Bau- und Betriebsrecht auf. „Eine intensive Phase von fünf langen Jahren“ habe die Genehmigung gedauert, gerade wegen der BImSch, der Bundes-Immissionsschutz-Verordnung. „Wir brauchen Rechtssicherheit. Doch die BImSch ist kompliziert und lebt, entwickelt sich ständig weiter. Wir haben uns teilweise im Kreis gedreht, aber am Ende Lösungen gefunden.“ Da ist Peters Worten leise Kritik zu entnehmen.
Diese „Spannungsfelder“ kann auch Minister Glauber „zwischen Abteilungen in meinem Ministerium erkennen. In sieben Amtsjahren kamen 1.400 Vorgaben von der EU, eine Katastrophe“, schiebt er die Bürokratie-Kritik an die Europäische Kommission weiter. Doch gleichzeitig hätten solche Vorgaben auch ihr Gutes: „Man riecht die Kompostierung künftig nicht mehr“, nennt Glauber einen Vorteil. Und „Guter Boden ist der Ursprung für gute Nahrung“, weil der Kompost aus Seckendorf den aus Klimaschutzgründen zu vermeidenden Torfabbau reduzieren könne.
Denn laut AKG-Chef Peter produziert seine Firma Kompostprodukte, „die dem Qualitätsanspruch von Bioland oder Naturland genügen“. Diese gingen vor allem „an Erdenwerke. Die machen daraus Blumenerde oder beliefern die Landwirtschaft.“