Newsletter
Götz Warnke

Kriegstechnik und Klimafolgen, Teil 3

Eine Analyse von Götz Warnke

Im Zuge der Umsetzung des Pariser Klimaabkommens von 2015 wurden viele Dinge angegangen, geordnet und geregelt: von nationalen Umsetzungsplänen, von den Auswirkungen auf Landwirtschaft, Finanzsysteme, den Luftverkehr national und international, etc. etc. Doch die ganze Zeit stand ein großer „Elefant im Raum“, den niemand ernsthaft anging: das Militär. Und so ist das Militär nicht in das weltweite Abkommen zur Begrenzung der CO2-Emissionen und der Klimakrise eingebunden. Dabei gehen Schätzungen von zwischen 3,3 und 7 Prozent der globalen Emissionen als vom Militär verursacht aus. Auch wenn es heute noch als unmöglich und absurd klingt – wir werden künftig um eine „Roadmap klimaneutrales Militär“ nicht umhin kommen. Dazu soll dieser Artikel nur ein allererster „Aufschlag“ sein.

Energie- und Material-Verschwendung: dieser NS-„Sturmtiger“ kam mit seinen 65 t Gewicht nicht über viele Brücken, und nur 120 km weit.
[Quelle: Götz Warnke]

Auf dem Land

Militärisch ging das 20. Jahrhundert zu Lande, das 1916 begonnen hatte, im Jahr 2022 mit dem russischen Angriff auf die Ukraine zu Ende: der Panzer, für rund ein Jahrhundert die bestimmende Waffe im Landkrieg, konnte keine entscheidenden Durchbrüche mehr erzielen, sondern wurde immer öfter selbst Opfer von fliegenden Drohnen, die zur neuen Hauptwaffe aufstiegen. Dass es in der Luft, wo seit 1914 der Aufstieg des Flugzeugs begann, seit dem Bergkarabach-Krieg 2020 – ebenfalls durch die neuen Drohnen – nur wenig anders aussah, wird Panzerspezialisten kaum trösten, ist aber aus Sicht der Energie- und Ressourcensparsamkeit ein Fortschritt.

Kampfpanzer mit ihren 45-65 t Gewicht benötigen in der Herstellung nicht nur Mengen an CO2-intensivem Stahl, auch ihre Zerlegung mit Schneidbrennern ist energie- und klimalastig. Dazu kommt die Energie für den Antrieb, die bisher ausschließlich aus fossilen Quellen stammt. Zwischen 500 l und 700 l Treibstoff auf 100 km sind keine Seltenheit. Zwar hat Hyundai mit dem K3 kürzlich einen Wasserstoff-Kampfpanzer vorgestellt; an hybridelektrischen Panzern, die Porsche noch ohne Batterie schon im 2. Weltkrieg baute, arbeitet u.a. das deutsche Rüstungsunternehmen Renk. Aus militärischer Sicht werden solche Fahrzeuge gebaut, da Abgase, Infrarotstrahlung und Lärm zum Ziel werden können; aus Sicht des Klimaschutzes ist es nur ein geringer Vorteil. Ökologisch bleibt zu hoffen, dass die letzte große Panzerschlacht bereits geschlagen ist, und zu fragen, weshalb es überhaupt Neuentwicklungen großer Kampfpanzer bedarf, wo doch eine Modernisierung inkl. verstärktem Drohnenschutz hinreichend wäre.

Drohnen gibt es auch zu Lande unter der Bezeichnung Roboter-Panzer. Diese meist funkgesteuerten Fahrzeuge haben ihre Vorläufer bei den deutschen Funkpanzern wie der „Leichte Ladungsträger Goliath“, der mittlere Ladungsträger NSU Springer, oder der schwere Ladungsträger Borgward B IV, die z.T. sogar schon mit E-Motoren ausgestattet waren. Während die beiden ersteren als eine Art Landtorpedos Einweg-Fahrzeuge waren, diente der Borgward dazu, Sprengladungen z.B. an Brücken abzulegen, war also ein Mehrweg-Fahrzeug. Letzteres gilt auch für die heutigen Roboter-Panzer wie den Gereon RCS oder Fahrzeuge von Milrem Robotics. Diese „Kleinpanzer“ werden für verschiedene Aufgaben eingesetzt: Feindbekämpfung, Aufklärung, Munitionstransport, Verwundetenbergung etc. Teilweise lassen sie sich dazu modular unterschiedlich ausstatten. Ihr Vorteil sind das energieeffizientere, geringere Gewicht und der reduzierte Ressourcenverbrauch durch das Weniger an verbautem Panzerstahl, da hier keine Besatzung geschützt werden muss. Da die Fahrzeuge zudem noch relativ klein und kostengünstig sind, erübrigt sich auch der Einbau einer schweren, reaktiven Panzerung.

Zwischen den schweren Kampfpanzern und den leichten Roboter-Panzern gibt es natürlich das gesamte heutige Spektrum gepanzerter Kettenfahrzeuge wie Panzerhaubitzen, Schützenpanzer, Flakpanzer, Bergepanzer, Brückenlegepanzer etc. Und es gibt Radpanzer mit 6-8 Rädern, die z.T. auch über eine starke Bewaffnung verfügen, aber deutlich leichter sind als die kettenbasierte Konkurrenz. Kettenfahrzeuge sind zwar generell geländegängiger als Radfahrzeuge, aber tragen eine stärkere Panzerung und sie verbrauchen pro Kilometer deutlich mehr Treibstoff. Zudem müssen sie über längere Strecken per Bahn oder Tieflader transportiert werden, damit sie nicht Straßen und Laufketten schnell verschleißen.

Daher hat es seit Anfang des 20. Jahrhunderts Versuche gegeben, die Vorteile des technisch einfacheren Rad-Achse-Antriebs und der weniger schnell in den Erdboden einsinkenden Panzerkette zu kombinieren, indem man außen an einem Fahrzeugrad eine Art flexibel aufgehängten, metallenen „Schuh“ befestigt hat. Die massivste Ausführung dieses Prinzips war wohl das „Maschinelle Minenräum-Gerät“ der Firma Alkett aus Berlin von 1940 (Bild 4). Doch diese Kombination hat sich offensichtlich nicht durchgesetzt.

Natürlich gibt es bei den Panzern auf Rädern mittlerweile auch autonome Exemplare. Aber die Masse der militärischen Radfahrzeuge besteht überall auf der Welt aus PKWs und LKWs. Um den Ressourcenverbrauch einzudämmen, ließen sich auch hier wie bei den Flugzeugen viele metallenen Aufbauten durch biobasierte oder rezyklierte Konstruktionen ersetzen. Die Idee ist nicht neu – schon 1945 baute Daimler-Benz den Opel Blitz mit einem Fahrerhaus aus Holzhartfaserplatten – und es gibt in der Gegenwart durchaus gelungene Beispiele. Holz- oder Kunststoff-Karosserien haben zudem den Vorteil, dass sie per Radar schwerer zu orten sind.

Eine andere Form der Ressourcenverschwendung ist zumindest beim heutigen Militär weitgehend behoben: eine Vielzahl miteinander technisch nicht kompatibler Fahrzeuge, die einen riesigen Ressourcenverbrauch bei den Ersatzteilen nach sich zieht. Negativbeispiel hier war das 3. Reich, das als Raubstaat eine Vielzahl von erbeuteten und beschlagnahmten Fahrzeugen bei der Wehrmacht verwendet. Anfang 1943 sollen das 110 verschiedene Typen gewesen sein – Größenwahn manifestiert sich nicht nur in der Ideologie, sondern auch in der Technik.

Neben dem Ressourcenverbrauch stehen die Energieverbräuche der Fahrzeuge. Bei Militärfahrzeugen kann man durchaus den Eindruck gewinnen, die Konstrukteure hätten noch nie etwas von cw-Wert und Stromlinienform gehört. Dabei gibt es bei den heutigen E-LKWs durchaus Vorbilder, und eine schlechte Stromlinie kostet Energie.

Exkurs Energie

Wie wir gesehen haben, hat das Militär einen gewaltigen Energiehunger, und die entsprechenden Landfahrzeuge bilden da keine Ausnahme. Die Energieversorgung erfolgt heute fast ausschließlich mit fossilen Kraftstoffen. Nun will auch das Militär zumindest in der westlichen Welt aus den fossilen Energien aussteigen – seien es die US-Army, die US-Airforce oder die Bundeswehr. Dabei auf Biokraftstoffe und E-Fuels für Landfahrzeuge zu setzen, dürfte angesichts der geringen Verfügbarkeit, der Konkurrenz von Luftwaffe und Marine, sowie wegen der o.a. militärisch relevanten Emissionen von Abgasen, Infrarotstrahlung und Lärm kaum zielführend sein. Bleibt also nur die Elektrifizierung des Fahrzeugbestands. Doch zumindest sich im Gelände bewegende Fahrzeuge lassen sich auch nicht an fest installierten Ladesäulen aufladen. Als Lösungen für Fahrzeuge vom PKW bis zum Panzer kommen nur Ladewagen analog zu Tankwagen in Frage – oder LKWs mit Wechselakkus, wobei die zu ladenden PKWs, Panzer etc. entsprechend ausgerüstet/normiert sein müssen. Ein Vergleich zwischen einer (französischen) leitungsgebundenen Energieversorgung per Tanklaster und einer (deutschen) containerbasierten Energieversorgung mit LkWs und Benzinkanistern bot der Frankreichfeldzug 1940. Der Vergleich ging zu Gunsten der Container/Kanister aus, da dieses System beweglicher, flexibler, resilienter war. Zudem lassen sich normierte Wechselakku-Größen künftig durch Akkus mit einer höheren Leistungsdichte austauschen.

Ein weiterer Aspekt ist zu berücksichtigen: Wegen der künftig vermehrten Drohnenangriffe könnte es im Einzelfall schwierig werden, immer hinreichend Wechselakkus an die Front zu bringen. Hier könnte das Laden mit Erneuerbaren Energien eine wichtige Hilfe sein. Zwar kommt Windkraft wegen der hohen Sichtbarkeit nicht in Frage, aber insbesondere naturfarbene PV-Module und kleine, portable Wasserkraftanlagen (→ Der WasserkraftRebell , s. 38 F.) sind einsatzfähig.

Noch ein weiteres „Fahrzeug“ soll angesprochen werden, auch wenn es derzeit noch kaum verbreitet ist: zwei- oder vierbeinige Laufroboter, die Soldaten oder ihr Gepäck transportieren. Bisher waren diese „Gehzeuge“ sehr energieintensiv. Nun haben Forscher der TU Delft und der École Polytechnique Fédérale de Lausanne (EPFL) einen Roboterhund auf Basis der bio-mechanischen Bewegungsabläufe eines natürlichen Hundes entwickelt, der deutlich energiesparsamer läuft.

Doch noch mal zurück zu den Waffen, speziell den Infanteriewaffen. Während teure Waffensysteme wie Flugzeuge und Schiffe auch heute noch Mehrzweckwaffen sind (z.B. Aufklärung und Zerstörung), so waren auch einfache, zweckbezogene Kombiwaffen traditionell stark verbreitet: von Hellebarden als kombinierte Hieb- und Stichwaffe über Dolchpistolen bis zum australischen Woomera oder dem Sumpian, einer Kombinationswaffe von Blasrohr und Lanze aus Borneo. Auch wenn man Kombiwaffen im 20. Jahrhundert aus militärischer Praktikabilität, Einfachheit und Ressorcensparsamkeit weiter genutzt hat, so sind sie doch heute bis auf das gelegentliche Auftauchen von Gewehren mit Bajonetten weitgehend verschwunden. Das gilt auch für den Schiessbecher, der vor über 80 Jahren auch gegen Panzer eingesetzt wurde, und heute z.B. dazu dienen könnte, sich gegen Drohnen mit Stahlkugeln oder Kleinkieseln zu verteidigen. Es ist nicht immer notwendig, sogleich einen neuen, ressourcen- und energieaufwändigen Waffentyp gegen neue Bedrohungen zu entwickeln.