
Eine Analyse von Jörg Sutter
Kaum ist die Bundestagswahl vorbei, werden schon Forderungen auch im Energiebereich formuliert, obwohl derzeit ja erst die Sondierungen für eine neue Bundesregierung laufen. Aus unserer Sicht sind einige Forderungen selbstverständlich – aber für die Politik vielleicht wichtig.
BDEW wünscht sich Stabilität und neue Kraftwerke
Die Vorsitzender des BDEW, Kerstin Andreae, fordert „einen konsistenten und verlässlichen Regulierungsrahmen, der sich nicht an Legislaturperioden orientiert“. Weiterhin ist dem Verband wichtig, dass das Energiethema in einem Ministerium bleibt und nicht aufgeteilt wird. Zeitverzögerungen und Fehlentwicklungen sowie eine mangelhafte Abstimmung zwischen Energieerzeugung und -transport befürchtet der BDEW, falls es zu einer Aufspaltung kommen sollte. Auf der Wunschliste für die neue Regierung stehen der weitere Ausbau der erneuerbaren Energien, Ausschreibungen für neue steuerbare Kraftwerke sowie ein Wärmepaket und die Reduzierung der finanziellen Belastungen bei Strom, zum Beispiel durch Zuschüsse für Netzentgelte und Absenkung der Stromsteuer.
BEE will Gang zulegen
Der Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE) betont ebenfalls den Wunsch nach Stabilität und Planungssicherheit und verspricht, dass die Erneuerbaren Energien noch „einen Gang zulegen können“. Ein eindeutiges Bekenntnis zur Fortsetzung der Energiewende und zum Ausbau Erneuerbarer Energien hält der Verband für essenziell.
„Die neue Bundesregierung sollte die Chancen der Erneuerbaren Energien entschlossen nutzen und die Weichen für eine klimaneutrale Zukunft stellen“, so Präsidentin Simone Peter.

Weiterer Ausbau erwartet
Mit der Begründung der geringen Kosten signalisiert Joachim Goldbeck, CEO von Goldbeck Solar und Präsident des Bundesverband Solarwirtschaft (BSW), dass der Ausbau sicher weitergehen wird: „Photovoltaik ist die kostengünstigste und nachhaltigste Form der Stromerzeugung – sie wird nicht nur das Rückgrat der Energiewende, sondern auch der europäischen Wirtschaft bleiben, unabhängig von politischen Mehrheiten“, so Goldbeck. Doch auch er fordert verlässliche politische Rahmenbedingungen ein.
Vielfacher Wunsch: Faktenbasierte Entscheidungen
Nachdem im Wahlkampf von einigen Seiten einiges durchklang, was nach persönlichen und emotionalen Meinungen aussah – so zum Beispiel das Statement von Friedrich Merz zur Windkraft (hier eine Gegenrede dazu ) – betonen einige Forderungen, so auch von Benjamin Frank, dem Geschäftsführer von Solarwatt oder Markus Elsässer von Solar Promotion eine faktenbasierte politische Entscheidungsfindung: „Es kann also keine ökonomisch sinnvolle Alternative zu Solar- und Windenergie geben. Die in manchen Wahlprogrammen zu lesenden Visionen von „technologieoffenen“ Lösungen werden zwangsläufig an den Gesetzen der Physik als auch an der Wirtschaftlichkeit scheitern“, so Elsässer.

Atomkraft – nein danke
Der Technologieoffenheit und der „Option Kernkraft“ entgegen stellt sich auch die Energiewirtschaft, aktuell in Person von Leonhard Birnbaum, CEO von Eon, der erklärt, dass er von dem Wiederanfahren von AKW´s überhaupt nichts hält. „“Wir wollen ganz klar zurückbauen und wir haben überhaupt keine Lust, dabei jetzt Verzögerungen aus dem politischen Raum in den Rückbau reinzubekommen“, so Birnbaum auf der Bilanzpressekonferenz seines Unternehmens. Klarer formulieren kann man das nicht, nebenbei: Auch die EnBW hat sich bereits im letzten Jahr ähnlich geäußert, der Konzern baut gerade Neckarwestheim II zurück.
Ersatzkraftwerke dringend benötigt
Die Energiewirtschaft macht in eine andere Richtung Druck: Fast wäre es ja noch zu einer Bundestagsentscheidung zum Gesetzespaket zu neuen Gas-Reservekraftwerken gekommen, doch in letzter Minute wurde das doch noch abgeblasen. Doch aus Sicht der Energiewirtschaft drängt hier die Zeit: Es müssen ja nicht nur die politischen Rahmenbedingungen formuliert und beschlossen werden, sondern auch Material bestellt und die Kraftwerke aufgebaut werden – Jahre werden dafür ins Land gehen. Und mehr Flexibilität wird gefordert: So ist es für Christian Seyfert vom Verband der Industriellen Energie- und Kraftwirtschaft unverständlich, warum derzeit 10 Gigawatt an Kraftwerksleistung als Reserveleistung betrieben und über Netzentgelte finanziert werden, diese Kraftwerke aber nicht zu Zeiten mit Rekord-Strompreisen ans Netz gehen dürfen. „Hier ist es unerlässlich, pragmatische Lösungen zu finden“, so Seyfried.
Jetzt darf abgewartet werden: Regierungsbildung, Zuschnitt der Ministerien und Köpfe, die zukünftig die Energiepolitik im Lande verantworten, müssen jetzt gefunden werden. Dann erst kann die inhaltliche Arbeit beginnen.