Thematische Einordnung

Eine Einordnung von Jörg Sutter
Als mein Kollege Heinz Wraneschitz in der vergangenen Woche in den DGS-News den Kommentar mit dem Titel „Die Abschaffung des EEG droht“ geschrieben hatte, war er noch nicht verbreitet, am Mittwochabend, 30. Oktober kam er dann: Der vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) verbreitete Gesetzentwurf zur Änderung verschiedenster Energiegesetze.
Die DGS hat dazu klar Stellung bezogen. Aber: In diesem Fall hat das Vorgehen des BMWK dem Fass wieder einmal den Boden ausgeschlagen: Rund 300 Seiten Gesetzentwürfe mit dem Hinweis, dass eine Stellungnahme innerhalb eineinhalb Tagen doch bis Freitag abzugeben sei – und das wie immer ohne Vorankündigung. Ja, die Verbände sind es gewohnt, dass Gesetzentwurfe lange Vorbereitungszeiten brauchen und dann erst kurz vor Ende kurzfristig einbezogen werden. Aber dieses Mal lag dem Entwurf nicht einmal eine Entschuldigung hinsichtlich der kurzen Bearbeitungszeit bei.
Es war daher auch wirklich nicht genug Zeit, um die vielen Details ganz genau anzuschauen und zu bewerten. Wir haben trotzdem eine umfangreiche Stellungnahme abgegeben, die wir den Leser:innen hier zur Kenntnis geben.
„Viel Schatten und wenig Licht“ könnte ein Fazit der geplanten Neuregelungen lauten. „Gesetzentwurf zum Gruseln“ wäre auch die richtige Formulierung, zumindest stimmt das für die Photovoltaik. Von einem „Generalangriff auf das Erneuerbare-Energien-Gesetz EEG“ war in der letzten Woche die Rede – und dies bestätigt sich beim Lesen des Gesetzentwurfs genau so – leider! Wenn das BMWK hier nicht wesentliche Punkte entschärft, droht der PV-Markt massiv einzubrechen. Dabei schwächelt der im Segment der Hausanlagen seit Wochen bereits deutlich.
Hintergründe
Drei Hintergründe kann man in das aktuelle Vorgehen interpretieren: Zum einen soll die Energiewende für die Netzbetreiber auch in der Zukunft beherrschbar bleiben. Zeiten mit hoher Solar- oder Windstromeinspeisung werden häufiger, wenn Abnehmer fehlen, könnte es für die Netze kritisch werden – behaupten die Netzbetreiber.
Zum zweiten: Die Digitalisierung kommt noch immer nicht voran, diese ist aber für viele Konkretisierungen (von der Anlagen-Regelung bis zu Anreizen mit dynamische Stromtarife) Voraussetzung. Weiter muss auch das Marktdesign im Strombereich laut EU-Richtlinie 2024/1711 verbessert werden. Und dies muss – wie „unpraktisch“ – die Bundesregierung bis Mitte Januar 2025 erledigt haben. Also kann gut nach Brüssel gezeigt werden: Wir müssen die Gesetze ja wegen Brüssel ganz schnell verabschieden. Dass in der Richtlinie weiter der schnelle Ausbau der erneuerbaren Energien angestrebt wird und nicht die Ausbremsung, bleibt offensichtlich im Gesetzentwurf unberücksichtigt.
Und zum Dritten: Gerade in den letzten Tagen wurde vom Energiewirtschaftlichen Institut an der Universität zu Köln (EWI) eine Prognose für die EEG-Kosten im kommenden Jahr 2025 vorgelegt. Das EWI kommt auf rund 18 Mrd. Euro, rund eine Milliarde mehr als in diesem Jahr. Und schlimmer: Bis 2029 wird ein weiterer Anstieg auf 23 Mrd. Euro prognostiziert. Das lässt bei der Politik in Berlin die Alarmglocken schrillen, vor allem, weil die Haushaltslage ja sowieso nicht rosig ist. Also die Reaktion per Gesetzentwurf: Draufhauen auf die Erneuerbaren Energien.
Mögliche Auswege
Dabei liegen Auswege aus diesen Problemen schon länger auf dem Tisch. So könnte das Problem der Netze durch bessere Sektorenkopplung und eine regionalere Verknüpfung von Erzeugung und Verbrauch gelöst werden; Stichwort „zellulares Konzept“ des VDE. Über dieses hatten wir mehrfach, zum Beispiel 2019 an dieser Stelle berichtet.
Für eine Verhinderung der Mittagsspitzen wären separate Förderbausteine im EEG hilfreich: Die DGS hatte schon zur EEG-Novelle 2014 (!) vorgeschlagen, eine Förderung von PV-Fassaden einzurichten; analog könnte man heute die Umsetzung von Ost-West-Anlagen und Batteriespeichern anreizen. Damit wären Mittagsspitzen bei neuen Anlagen zumindest deutlich reduziert. Doch diese Appelle sind reaktionslos verhallt.
Es scheint, als zählt das dritte „Hintergrund“-Argument am meisten: Die Milliardenkosten des EEG müssen runter, und zwar so schnell, dass dieser Punkt bereits in den Bundeshaushalt 2025 dämpfend reingeschrieben werden kann. Umkehrschluss: Die Umsetzung der Energiewende ist nicht mehr Prioritätsstufe 1, das „Mitnehmen“ der Bürger und Hausbesitzer auch nicht mehr wichtig. Und ob die PV-Ausbauziele im kommenden Jahr erreicht werden, hat – wohl auch für das BMWK nach der Vorlage dieses Gesetzentwurfes – keine Relevanz mehr.
Auch ein weiterer Ausweg erscheint mir naheliegend, doch darüber wird kaum geredet: Obwohl die Industrie immer häufiger aus Wettbewerbsgründen nach günstigen Stromkosten schreit, ist komplett unverständlich, dass wir in Zeiten negativer Strompreise Ökostrom abregeln oder exportieren müssen. Warum wird dieser günstige Strom nicht von der Industrie aufgesogen? Haben Sie, lieber Leser, eine Erklärung hierfür, schicken Sie mir gerne eine Mail.
Der Gesetzentwurf – das Gegenteil von Ausweg
Der Gesetzentwurf bietet jedenfalls zahlreiche Verschlechterungen für PV-Betreiber: von der Absenkung der Direktvermarktungsschwelle (egal, ob das wirtschaftlich sein kann für die Betreiber) über die Risikoverlagerung auf die PV-Betreiber (ohne SmartMeter soll man nur 50% seiner PV-Leistung einspeisen dürfen; doch Betreiber sind ja nicht für den Einbau des SmartMeter verantwortlich) bis hin zu einer unmöglich umsetzbaren, gleichzeitig technisch unsinnigen Regelbarkeit für PV-Anlagen bis herunter zu einer Anlagenleistung von 2 kWp. Details und Begründungen dazu enthält unsere Stellungnahme.
Bemerkenswert ist auch der Stil im Umgang mit den Anlagenbetreibern: Die Pönaleregelungen werden massiv ausgebaut, Netzbetreiber sollen umfangreiche Befugnisse für Kontrollen bekommen: Hier wird eine Kultur des Misstrauens geschaffen, welche für eine gemeinsame Umsetzung der Energiewende in keinster Art und Weise angebracht ist. Das Zitat dazu aus dem geplanten §94 EEG lautet: „Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz wird ermächtigt [..], Anlagen, soweit sie der Einspeisevergütung zugeordnet sind, [..] zu regeln, dass in näher zu bestimmenden Zeitfenstern, insbesondere in Mittagsstunden an Wochenenden und Feiertagen, kein Strom in ein Netz eingespeist werden darf“.
Nein, das wäre nicht mehr ein EEG, das den Ausbau der erneuerbaren Energien voranbringen möchte, sondern will bremsen und verhindern, statt die Energiewende intelligent und „smart“ mit gleichem Ergebnis umzusetzen. Es ist daher angebracht, darauf mit vielen Detail in unserer Stellungnahme hinzuweisen. Und es ist Aufgabe aller Verbände und Engagierten, diese Kritik auch in die kommende parlamentarische Auseinandersetzung hineinzutragen. Wir brauchen Änderungen im System, das ist unbestritten. Doch ein Abwürgen der Energiewende im PV-Bereich kann und darf nicht der Weg sein. Genau den aber will das BMWK durch diesen Entwurf offensichtlich gehen.
Trotzdem möchte ich an dieser Stelle auch darauf hinweisen, dass einige Punkte der Gesetzentwürfe durchaus positiv zu bewerten sind: Die Einführung eines „kleinen“ Energy-Sharing, auf das so lange gewartet wurde. Zwar nur ein erster Schritt, aber immerhin. Dann die Bereitstellung von flexiblen Netzanschlüssen, die mehr erneuerbare Anlagen ans Netz bringen sollen. Und auch der erste Schritt zur flexiblen Nutzung von Stromspeichern ist positiv zu bewerten.
Vorausschau
In der kommenden Woche im zweiten Teil-Beitrag möchte ich einige inhaltliche Aspekte analysieren; eventuell liegt bis dahin sogar schon ein modifizierter Gesetzentwurf zur Beschlussfassung der Bundesregierung vor.
Mein ausdrücklicher Dank gilt vor allem unserem Mitglied Michael Vogtmann von der DGS Franken, der sich nach der Veröffentlichung unglaublich schnell in die Tiefe des Gesetzentwurfs gestürzt und damit maßgeblich zu unserer fundierten Stellungnahme beigetragen hat.

Der Gesetzentwurf – das Gegenteil von Ausweg
Der Gesetzentwurf bietet jedenfalls zahlreiche Verschlechterungen für PV-Betreiber: von der Absenkung der Direktvermarktungsschwelle (egal, ob das wirtschaftlich sein kann für die Betreiber) über die Risikoverlagerung auf die PV-Betreiber (ohne SmartMeter soll man nur 50% seiner PV-Leistung einspeisen dürfen; doch Betreiber sind ja nicht für den Einbau des SmartMeter verantwortlich) bis hin zu einer unmöglich umsetzbaren, gleichzeitig technisch unsinnigen Regelbarkeit für PV-Anlagen bis herunter zu einer Anlagenleistung von 2 kWp. Details und Begründungen dazu enthält unsere Stellungnahme.
Bemerkenswert ist auch der Stil im Umgang mit den Anlagenbetreibern: Die Pönaleregelungen werden massiv ausgebaut, Netzbetreiber sollen umfangreiche Befugnisse für Kontrollen bekommen: Hier wird eine Kultur des Misstrauens geschaffen, welche für eine gemeinsame Umsetzung der Energiewende in keinster Art und Weise angebracht ist. Das Zitat dazu aus dem geplanten §94 EEG lautet: „Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz wird ermächtigt [..], Anlagen, soweit sie der Einspeisevergütung zugeordnet sind, [..] zu regeln, dass in näher zu bestimmenden Zeitfenstern, insbesondere in Mittagsstunden an Wochenenden und Feiertagen, kein Strom in ein Netz eingespeist werden darf“.
Nein, das wäre nicht mehr ein EEG, das den Ausbau der erneuerbaren Energien voranbringen möchte, sondern will bremsen und verhindern, statt die Energiewende intelligent und „smart“ mit gleichem Ergebnis umzusetzen. Es ist daher angebracht, darauf mit vielen Detail in unserer Stellungnahme hinzuweisen. Und es ist Aufgabe aller Verbände und Engagierten, diese Kritik auch in die kommende parlamentarische Auseinandersetzung hineinzutragen. Wir brauchen Änderungen im System, das ist unbestritten. Doch ein Abwürgen der Energiewende im PV-Bereich kann und darf nicht der Weg sein. Genau den aber will das BMWK durch diesen Entwurf offensichtlich gehen.
Trotzdem möchte ich an dieser Stelle auch darauf hinweisen, dass einige Punkte der Gesetzentwürfe durchaus positiv zu bewerten sind: Die Einführung eines „kleinen“ Energy-Sharing, auf das so lange gewartet wurde. Zwar nur ein erster Schritt, aber immerhin. Dann die Bereitstellung von flexiblen Netzanschlüssen, die mehr erneuerbare Anlagen ans Netz bringen sollen. Und auch der erste Schritt zur flexiblen Nutzung von Stromspeichern ist positiv zu bewerten.

Vorausschau
In der kommenden Woche im zweiten Teil-Beitrag möchte ich einige inhaltliche Aspekte analysieren; eventuell liegt bis dahin sogar schon ein modifizierter Gesetzentwurf zur Beschlussfassung der Bundesregierung vor.
Mein ausdrücklicher Dank gilt vor allem unserem Mitglied Michael Vogtmann von der DGS Franken, der sich nach der Veröffentlichung unglaublich schnell in die Tiefe des Gesetzentwurfs gestürzt und damit maßgeblich zu unserer fundierten Stellungnahme beigetragen hat.