
Ein Kommentar von Jörg Sutter
Verschiedene Fluggesellschaften haben angekündigt, ihre Flugpläne in Deutschland auszudünnen. Das wird in der Presse als negativ dargestellt, unter anderem als „Schlag für den Hamburger Flughafen“ bezeichnet. Doch betrachten wir es positiv: Jedes Flugzeug, das nicht startet, hilft uns beim Klimaschutz.
Ryanair, Eurowings und Condor: Alle drei Fluggesellschaften haben angekündigt, ihre Flugpläne auszudünnen. Ryanair wird in Hamburg 60%, in Berlin 20 % und in Köln 10% der Sitzplatz-Kapazitäten streichen. Dortmund, Leipzig und Dresden werden zukünftig überhaupt nicht mehr angeflogen. Geschimpft wird über hohe Gebühren des Flughafens und die Bundesregierung, die den Standort Deutschland gefährde. Doch ist das nicht im Sinne des Klimaschutzzieles? Werfen wir einen Blick in die Statistik: Wie das statistische Bundesamt analysiert, liegen in Deutschland die Passagierzahlen noch über 20 Prozent unter den Vor-Corona-Werten des Jahres 2019. Und wenn Eurowings die Verbindung Hamburg-Köln/Bonn einstellt, könnte das auch daran liegen, dass der ICE für die Strecke Hamburg HBF-Köln HBF in vier Stunden Reisezeit bereits ab 66 Euro (ohne Bahncard) gebucht werden kann.
Eine Reduzierung von Flugverbindungen könnte auch allein aus wirtschaftlichen Gründen und mangelnder Auslastung zu begründen sein. Doch nein, man jammert und macht die Politik verantwortlich. Der Flughafen Hamburg ärgert sich, so die Geschäftsführung: „Der Hamburger Flughafen wird zum Spielball eigentlich bundespolitischer Auseinandersetzungen“, so der Vorwurf.
Doch der Flughafen betont selbst auf seiner Website: „Die CO2-Emissionen der Flugzeuge müssen ebenfalls auf ein Minimum reduziert werden. Auch dafür sehen wir uns als Flughafen in der Pflicht [..]“. Provokant gesprochen: Die einfachste Methode dafür ist, weniger Flugzeuge fliegen zu lassen. Doch das war mit dem Zitat eben sicher nicht gemeint. Bitte nicht falsch verstehen: Ich möchte damit die „Net-Zero 2035“-Anstrengungen des Flughafens selbst nicht in Abrede stellen und gebe gerne weiter, dass die Flughafengesellschaft selbst schon seit 2021 CO2-neutral agiert. Das ist prima, doch natürlich entsteht der größte CO2-Anteil nicht durch die Heizung der Terminals, sondern durch den Flugverkehr selbst.
Geht der Verkehr nicht auch klimaneutral?
Die Ankündigungen zum klimafreundlichen Fliegen sind vielfältig: Ein Brennstoffzellen-Triebwerk von Airbus ist in Entwicklung und angekündigt – jedoch für das Jahr 2035, und damit noch Zukunftsmusik in weiter Ferne. Andere Möglichkeiten hatte ich auch hier anlässlich der ILA in Berlin vor einigen Monaten an dieser Stelle beschrieben.

Viele dieser Entwicklungen lassen sich definitiv nicht eins zu eins auf den heutigen Massen-Flugverkehr mit Billig-Fliegern nach Mallorca übersetzen – oder eben erst in sehr weiter Zukunft. Eine Reduzierung der CO2-Emissionen der deutschen Luftfahrt geht aktuell nur durch eine Reduzierung der Flugbewegungen. Fluggesellschaften werden hier widersprechen und mit spritsparenden Flugzeugen und besserer Auslastung argumentieren, doch eine wesentliche Schadstoffreduzierung lässt sich damit nicht erreichen.
Neue Technologie wird abserviert
Bis Mittwoch dieser Woche sollte eine Entscheidung fallen, ob der Münchner Hersteller Lillium, der in den vergangenen Jahren ein elektrisches Fluggerät entwickelt hat, eine Bürgschaft des Bundes in Höhe von 50 Mio. Euro erhält. Anfang der Woche hatte sich laut Presseberichten der Haushaltsausschuss nicht überzeugen lassen. Hierzu hat sich selbst Markus Söder empört geäußert, der weitere 50 Mio. Euro beigesteuert hätte. Es ist schon bemerkenswert, dass für „alte“ Technologien von Autoindustrie bis Werften Milliardenförderungen vergeben werden, gleichzeitig aber Zukunftstechnologien „abgesägt“ werden.

Unabhängig von der konkreten Situation von Lillium (die ich wirtschaftlich und bezüglich des Risikos nicht bewerten kann) ist das schon ein unsägliches Verhalten der Politik, die in den Sonntagsreden immer die Innovationsfähigkeit und Klima-High-Tech als zentrale Zukunftsaufgabe bezeichnet. Und montags dann von Batterieforschung bis Lufttaxis alles abräumt. Und diese Frage sei erlaubt: Gilt die Forderung der Technologieoffenheit der Liberalen plötzlich nicht für die Bewegung am Himmel? Hier sitzen aktuell die größten Kritiker einer Unterstützung.