
Eine Betrachtung von Jörg Sutter
Das „Solarspitzengesetz“ und die weiteren Änderungen des EEG und EnWG sind zwar noch immer nicht in Kraft getreten, doch in der vergangenen Woche hat auch der Bundesrat grünes Licht gegeben. Damit ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis die neuen Vorgaben gelten.
Zum Hintergrund der Neuregelungen schreibt das Wirtschaftsministerium im aktuellen Energiewende-Newsletter: „Sie sollen dazu beitragen, eine weiterhin sichere, bezahlbare und klimafreundliche Stromversorgung zu gewährleisten“. Der Bundesverband Solarwirtschaft betont dazu, dass inzwischen rund 15 % unseres Stromes in Deutschland aus PV-Anlagen stammt und mit den Neuregelungen „notwendige Schritte zu ihrer weiteren Flexibilisierung und erfolgreichen Systemintegration“ gegangen werden. Und keine Angst: PV lohnt sich auch finanziell weiterhin, dazu weiter unten mehr. Heute soll es konkret um die geplante Verhinderung der Solarstromspitzen gehen.
Wie konkret kommen die Solarspitzen weg?
Zwei Dinge sind dafür im aktuellen Gesetzespaket dazu enthalten: Neue PV-Anlagen, die nach der endgültigen Veröffentlichung des Gesetzestextes in Betrieb gehen, sollen bei hoher Strahlung möglichst nicht mehr (oder zumindest nicht mit Maximalleistung) ins Stromnetz einspeisen. Um das zu erreichen, hat der Gesetzgeber zum einen eine Regelung eingeführt, nach der Strom in den Zeiten, in denen an der Strombörse ein Börsenstrom von 0 oder weniger aufgerufen wird, nicht vergütet wird.
Ausgenommen davon sind erst einmal Anlagen mit weniger als 2 Kilowatt Leistung und Bestandsanlagen sowie Neuanlagen unter 100 kWp, die noch keinen SmartMeter haben. Wird mit der neuen PV-Anlage auch gleich ein SmartMeter eingebaut, greift diese Regelung. Wird die PV-Anlage ohne SmartMeter gebaut, weil das noch nicht möglich ist, greift die Regelung erst später, nämlich nachdem der SmartMeter eingebaut wurde. Das kann – je nach zuständigem Messstellenbetreiber nach wenigen Wochen oder auch erst in Jahren sein.
Doch für zukünftige Anlagenbetreiber könnte das – je nach Projektumsetzung – sogar ein Vorteil sein: Es werden nämlich nur die Zeitdauern der negativen Strompreise erfasst, diese auf einen Jahres-Ertragsverlauf umgerechnet und damit eine Laufzeitverlängerung der Vergütung berechnet. Der Betreiber verliert also keine Vergütung, sondern erhält diese einfach später – angehängt an die 20 Jahre plus Inbetriebnahmejahr. Wer nun sagt: Dazwischen liegen ja 20 Jahre mit Inflation, später ist das Geld weniger wert, der hat natürlich recht. Aber: Der Förderzeitraum wird verlängert, egal ob dem konkreten Betreiber in der Zeit der Null-Börsenpreise Einspeisung „verloren“ ging. Wirtschaftlich am cleversten könnte daher zukünftig sein, eine PV-Anlage mit einem etwas größeren Batteriespeicher und EMS zu bauen, dessen Ladesteuerung in der Zeit der Nullvergütung möglichst viel Strom als Eigenverbrauch in den Speicher (oder auch ins E-Auto) schiebt. Dann verliert der Betreiber keine Einspeisung, erhält aber trotzdem die Vergütungsverlängerung nach den 20 Jahren. So zumindest ist unsere aktuelle Lesart der Neuregelung.
Die zweite Maßnahme greift gegenläufig und betrifft jene Neuanlagen bis 100 kWp, die eben noch keinen SmartMeter haben bzw. eingebaut bekommen. Bei diesen Anlagen kommt in der Regel eine 60 %-Leistungsbegrenzung zum Einsatz – bis zum Zeitpunkt des späteren Einbaus des SmartMeters. Wichtig: Die Leistungsbegrenzung ist keine Begrenzung der Erzeugungsleistung, sondern der Einspeiseleistung. Arbeitet die PV-Anlage mit hoher Leistung, darf nur die Einspeisung ins Netz die 60 % der PV-Nennleistung nicht überschreiben. Läuft eine 10 kWp-Anlage an einem sonnigen Tag mit 9 kW Momentanleistung, dürfen max. 6 kW eingespeist werden, die drei kWp dürfen aber zum Eigenverbrauch genutzt werden (direkt für die Verbraucher oder auch in den Speicher oder ins E-Auto). Mit diesem Beispiel wird schon klar: Die meisten neuen PV-Anlagen, bei denen der Haushalt einen gewissen Stromverbrauch hat und eine Batterie im Keller steht, werden nur selten die Regelgrenze erreichen und damit auch kaum finanziellen Verlust haben. Also erst einmal alles halb so schlimm, zumindest für die typischen Standard-Anlagen mit Eigenverbrauch. Bei Volleinspeiseanlagen mit idealer Südausrichtung sieht das dann anders aus.
Beide Maßnahmen werden aus unserer Sicht ihren Zweck erfüllen: Die Verschiebung der Vergütungszahlung in die Zukunft und auch die 60 %-Leistungsbegrenzung führen dazu, dass Betreiber nicht gedankenlos hohe Lastspitzen ins Netz abgeben und dass sich der „clevere“ Betrieb von PV plus Batteriespeicher auch besser rechnet. Neben diesem technischen Aspekt wird noch eine zweite Fliege gleichzeitig mit der gleichen Klatsche erlegt: Die Verschiebung der Vergütungszahlung in die Zukunft entlastet natürlich den Bundeshaushalt heute. Denn seit Abschaffung der EEG-Vergütung wird die Differenz zwischen Solarstrom-Marktwert und dem an die Betreiber ausgezahlte Vergütungsätze vom Bund finanziert. Und die dritte Fliege: Die Gefahr von „Brownouts“ und Stromnetzüberlastungen wird reduziert – und ist damit kein Argument mehr gegen einen weiteren Ausbau der Photovoltaik im Land. Darauf hat heute auch der Bundesverband Solarwirtschaft hingewiesen, wie z.B. hier zu lesen ist.
Lohnt sich PV noch?
Ja. Auch Finanztip hat sich die Neuregelungen angesehen und betrachtet, wie sie sich auf typische PV-Hausanlagen auswirken. „Trotz der neuen Regelungen bleibt PV finanziell interessant, insbesondere für Haushalte mit hohem Energieverbrauch oder künftiger Nutzung von Wärmepumpen oder Elektroautos”, so der dortige Energieexperte Benjamin Weigl.
Warum werden Wärmepumpen und Elektroautos betont? Zum einen, weil durch die Regelungen des §14a EnWG seit 2024 die Regelbarkeit dieser Geräte vorgeschrieben ist und damit auch neben der PV-Einspeisevergütung noch weitere Erlöse erzielt werden können. Zum andern ist für 14a-Verbraucher ein SmartMeter und die Steuerbox dazu schon Vorgabe, letztere braucht dann also nicht nochmal für die Regelung der PV-Anlage angeschafft werden, weil sie ja schon vorhanden ist (oder aktuell oft: vorhanden sein sollte).
Finanztip gibt auch Daumenwerte für die Preise vor: Maximal 1.600 Euro pro kWp sollten ausgegeben werden, wenn Smart Meter und Steuerbox nur für die PV-Anlage notwendig werden. Falls diese Bauteile auch für Wallbox oder Wärmepumpe genutzt werden, darf nach Finanztip die Anlage auch etwas teurer sein: Der Kaufpreis darf dann bei bis zu 1.800 Euro pro kWp liegen. Und weiter: „der Speicher sollte Dich bestenfalls aber nicht mehr als 600 Euro pro kWh Speicherkapazität kosten und muss zu Deinem Strombedarf und der PV-Anlage passen“.
Trotz dieser konkreten Zahlen: Eine PV-Anlage ist fast immer ein maßgeschneidertes Projekt, das zum Gebäude, dem konkreten Stromverbrauch und den Kundenwünschen passen muss. Daher sollte immer im Detail das konkrete Projekt durchgerechnet werden.
Ab wann gelten die neuen Gesetze?
Bild 2: Bellevue
Nachdem der Bundesrat das Gesetzespaket hat passieren lassen, ist jetzt der Bundespräsident mit seiner Unterschrift am Zuge und dann folgt die Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt. Am Tag nach der Veröffentlichung sind die Neuregelungen dann gültig, wann das genau sein wird, lässt sich aktuell nicht sagen.
Und was macht der Markt?
Seit Monaten ist der PV-Markt im Segment der kleinen Hausanlagen gedämpft unterwegs, dahinter steckt sicherlich ein Abwarten und eine Verunsicherung auch wegen der gesetzlichen Neuregelungen. Vielleicht gerade auch noch ein Abwarten, ob eine neue Bundesregierung gleich wieder was ändern wird (was wir derzeit ganz klar nicht erwarten). Für Januar 2025 geht die Bundesnetzagentur (BNetzA) von über 54.000 neu installierten Photovoltaikanlagen und einem Netto-Leistungszubau von 1.123,3 MW aus.
Zum Vergleich: Das ist als Monatswert das Zehnfache des PV-Zubaus der Jahre zwischen 1990 und 2000 insgesamt.
DGS-Veranstaltungstipp zum Thema:
Webinar „Im Bundestag und Bundesrat beschlossen – Was bedeutet das Solarspitzengesetz für die Photovoltaik-Branche?“ in der kommenden Woche am 27.2. von 9:30 bis 11:30 Uhr mit Michael Vogtmann (DGS Franken). Infos und Anmeldung hier.

Nachdem der Bundesrat das Gesetzespaket hat passieren lassen, ist jetzt der Bundespräsident mit seiner Unterschrift am Zuge und dann folgt die Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt. Am Tag nach der Veröffentlichung sind die Neuregelungen dann gültig, wann das genau sein wird, lässt sich aktuell nicht sagen.
Und was macht der Markt?
Seit Monaten ist der PV-Markt im Segment der kleinen Hausanlagen gedämpft unterwegs, dahinter steckt sicherlich ein Abwarten und eine Verunsicherung auch wegen der gesetzlichen Neuregelungen. Vielleicht gerade auch noch ein Abwarten, ob eine neue Bundesregierung gleich wieder was ändern wird (was wir derzeit ganz klar nicht erwarten). Für Januar 2025 geht die Bundesnetzagentur (BNetzA) von über 54.000 neu installierten Photovoltaikanlagen und einem Netto-Leistungszubau von 1.123,3 MW aus.
Zum Vergleich: Das ist als Monatswert das Zehnfache des PV-Zubaus der Jahre zwischen 1990 und 2000 insgesamt.
DGS-Veranstaltungstipp zum Thema:
Webinar „Im Bundestag und Bundesrat beschlossen – Was bedeutet das Solarspitzengesetz für die Photovoltaik-Branche?“ in der kommenden Woche am 27.2. von 9:30 bis 11:30 Uhr mit Michael Vogtmann (DGS Franken). Infos und Anmeldung hier.