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Jörg Sutter

Die Energiewende gut vermitteln

interaktiver Ausstellungstisch [Bild: Sutter]

Ein Ausstellungs-Besuch von Jörg Sutter

Dass die Energiewende nicht nur aus Heizungsgesetz und steigenden Strompreisen besteht, ist für uns „Insider“ ja kein Geheimnis. Der Hintergrund, die verschiedenen technischen Möglichkeiten und die konkrete Umsetzung des Wandels müssen nicht nur abgewogen und politisch gesteuert, sondern auch der Bevölkerung vermittelt werden. Und das alles so, dass dabei technische Zusammenhänge gelernt, der Sinn der Maßnahmen und der Blick fürs „Große Ganze“ erkennbar bleiben und der einzelne Besuchende sein eigenes Verhalten überprüft.

In Chemnitz wird dazu derzeit eine Sonderausstellung im Industriemuseum der Stadt gezeigt: Power2Change. Wissenschaftlich erarbeitet und gefördert durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) und wird darin in einer breiten und modernen Darstellung die Energiewende präsentiert.

Facetten der Energiewende
Der Kontrast könnte kaum größer sein: Betritt man das Museum der industriellen Technik, erwarten einen zahlreiche Exponate aus dem ostdeutschen Automobilbau (nein, nicht nur der Trabbi, sondern auch eine der Audi-Vorgängerfirmen hat hier Fahrzeuge gebaut) und historische Produktionsmaschinen aus der sächsischen Textilindustrie, die über Jahrzehnte in Europa führend war. Ein Teil des Museums ist dem Bergbau gewidmet, vom Kohleabbau bis zur Stahlherstellung. Und von dieser Vergangenheit begibt man sich einen Raum weiter in das heute und morgen der Energiewende.

Stromkabel für die Seeverlegung [Bild: Sutter]

Viele Exponate aus der jetzigen Umsetzung der Energiewende werden gezeigt, das Stück Unterwasser-Kabel im Bild soll nur ein Beispiel dafür sein; gleichzeitig ein Exponat, dem man auch als eingefleischter Energiewender im täglichen Leben nicht begegnet. Verwendet wird dieses Kabel im Windpark Borkum, 45 Kilometer nördlich der gleichnamigen Insel in der Nordsee. Die Leitung hat einen Querschnitt von 3 x 800 Quadratmillimetern und ist für eine Spannung bis zu 155.000 Volt zugelassen.

Modell einer CO2-Abscheideanlage [Bild: Sutter]

Facetten der Darstellung
Nicht das klassische Museumskonzept mit Exponaten lag dieser Ausstellung, die auf den Namen „Power2Change – Mission Energiewende“ hört, zugrunde. Vielmehr wurde ein didaktisches Konzept gewählt, das mit Filmen, technischen Kleinexperimenten und anschaulichen Informationstafeln über die Energiewende aufklärt. Anschaulich wird zum aktuellen Stand informiert, jeweils in den einzelnen Bereichen wie der Stromversorgung oder der Mobilität. Dann werden Lösungsmöglichkeiten skizziert, die entweder heute schon praktiziert werden oder zukünftig kommen werden. Daher werden auch Wasserstoff als Energieträger und die CO2-Rückgewinnung dargestellt. Die Grundaussage: Die Energiewende ist machbar.

Soziale Komponente
In der Ausstellung und auch in der begleitenden Broschüre werden nicht nur die technischen Möglichkeiten und Potentiale erläutert und konkrete Beispiele und Experimente zur Funktion gegeben: Es wird auch die gesellschaftliche Perspektive aufgespannt und klargestellt, dass es in vielen Bereichen noch offene Fragen gibt. So findet sich in der Begleitbroschüre an einigen Stelle am jeweiligen Kapitelende ein Kasten mit der Überschrift „Darüber müssen wir reden“. Darin werden die wichtigsten offenen Fragen gestellt – so zum Beispiel bei der Wasserstofferzeugung der hohe Strombedarf und die Frage des Imports von H2.

Gleichzeitig wird in der Ausstellung neben der Vorstellung der einzelnen Punkte an jede:n Besucher:in aktiv appelliert, sich zu den gezeigten Punkten eigene Gedanken zu machen und selbst aktiv zu werden. Man kann auch herausfinden, was für ein „Energiewende-Typ“ man selbst ist – zur Analyse müssen konkrete Fragen beantwortet werden.

Fazit
Die Ausstellung zu besuchen macht Spaß, ist kostenseitig im Eintritt des Industriemuseums enthalten und zeigt interessant aufgemacht, wie die Energiewende konkret gelingen kann, aber auch, welche Fragen aktuell noch offen sind. Der Besucher und die Besucherin wird mehrfach mit der Frage konfrontiert, was man denn selbst zum Gelingen der Energiewende beiträgt – und das ist gut so. Und am Ausgang mit einer großen Dampfmaschine wird dann nochmals bewusst, wie weit wir in den vergangenen Jahrzehnten bereits mit der Energiewende gekommen sind.


Sonderausstellung Power2Change
geöffnet bis 1.12.2024 (montags geschlossen)

Industriemuseum Chemnitz, Zwickauer Straße 119, 09112 Chemnitz
www.industriemuseum-chemnitz.de