
Eine Analyse von Jörg Sutter
„ESRS“ – hinter dieser Abkürzung verbirgt sich der „European Sustainability Reporting Standard“, der einen Rahmen setzt und Vorgaben für die Berichterstattung im Bereich der Nachhaltigkeit auflistet. Die Nachhaltigkeitsanforderungen für Unternehmen steigen stetig, nicht nur aus Gründen des Klimaschutz und der Umwelt, sondern auch aufgrund der höheren Maßstäbe, die Kunden und Partnerunternehmen anlegen. Ein Beispiel: Die Porsche AG hat in 2023 Vereinbarungen zum Bezug von Aluminium und Stahl getroffen, der zukünftig im Fahrzeugbau eingesetzt werden soll. Dabei wird der Stahl mit 95% weniger CO2-Emissionen hergestellt, beim Aluminium sollen es 40 % weniger sein.
Wofür ein Nachhaltigkeitsbericht?
In einem Nachhaltigkeitsbericht beschreibt ein Unternehmen oder eine Organisation die Auswirkungen des Handelns in den Bereichen Ökologie, Soziales und Wirtschaft. Die Berichtserstellung ist dabei nur ein Baustein eines größeren „ESG-Managements“ für Umwelt (Environment), Soziales (social) und gute Unternehmensführung („Corporate Governance“). Nicht ein einzelner Bericht steht hier im Focus, sondern eine auf diese Punkte ausgerichtete Unternehmensführung. Die soll die Sozialstandards für Mitarbeiter genauso in den Blick nehmen wie Anforderungen, die sich aus neuen Umweltgesetzen etc. ergeben.
Explizit soll ein Nachhaltigkeitsbericht nicht nur aus Meldungen zu erreichten Erfolgen bestehen, sondern auch aktuelle und zukünftige Herausforderungen beschreiben. „Wo stehen wir heute und wo wollen wir hin?“ lautet die zu Grunde liegende Frage. Die Vorgabe einer Berichtsform bedeutet Verbindlichkeit: Es soll darüber nicht nur im Unternehmen in irgendeiner Runde diskutiert werden, sondern die Veröffentlichung eines solchen Berichtes gewährleistet eine hohe Verbindlichkeit. Das erfordert gleichzeitig eine sorgfältige Berichtserstellung.
Trifft das auch die Energiebranche?
Grundsätzlich ja, auch hier sind die ESG-Aspekte für Unternehmen relevant. Zudem gilt es, gerade bei den Lieferketten ganz genau hinzusehen. Denn dort gibt es auch im PV- und Batteriebereich einige Aspekte, die auch schon seit einiger Zeit diskutiert werden. Beispiele:
> Berichte aus der chinesischen Provinz Xinjiang über Unterdrückung und Zwangsarbeit der uigurischen Bevölkerung. Aus dieser Provinz stammt ein sehr großer Teil des Polysiliziums, das für die Herstellung von Solarzellen verwendet wird.
> In Argentinien und Chile liegen große Vorkommen von Lithium, das dort für die Herstellung von Batterien für Elektrofahrzeuge gefördert wird. Berichte belegen große Umweltschäden bei der Gewinnung des Rohstoffes. Mineralienhaltiges Grundwasser wird dabei in große Freiflächen gepumpt, das Wasser lässt man verdunsten, um dann aus den übrigen Mineralien das Lithium herauszubekommen. Dadurch ändert sich in den Abbauregionen der Grundwasserspiegel, ganze Gegenden fallen trocken.
Wer muss einen Nachhaltigkeitsbericht erstellen?
Zur Beantwortung dieser Frage sind einige Kriterien entscheidend. Wichtig: Die Pflicht wird stufenweise eingeführt, erste Unternehmen trifft es ab 2025, ab 2026 und 2027 kommen weitere hinzu. Doch Abwarten ist ein schlechter Berater: 2025 bedeutet, dass die Nachhaltigkeitsinformationen in 2025 im Rahmen eines Geschäftsberichtes veröffentlicht werden müssen – der sich ja üblicherweise auf das Vorjahr, also auf 2024 bezieht. Um im kommenden Jahr über den Stand der eigenen Nachhaltigkeit berichten zu können, sollten schon heute entsprechende Daten und Informationen erfasst und gesammelt werden.
Auch zum Stichtag 1.1.2028 fallen ca. 140 weitere kleine und mittelständische Unternehmen, die kapitalmarktorientiert sind, in die Pflicht zur Berichtsvorlage. Diese Firmen sind bis dahin zwar nicht dazu verpflichtet, können einen solchen Bericht aber schon freiwillig erstellen. Freiwillig kann hier natürlich auch heißen, dass dies z.B. von Kunden, Banken oder Geschäftspartnern „vorgeschlagen“, also verlangt wird.
Wie sieht ein solcher Bericht aus?
Hier gibt es verschiedenste Möglichkeiten, die an dieser Stelle den Rahmen sprengen würden. Deshalb nur ein paar. Zum einen hängt es davon ab, ob ein solcher Bericht verpflichtend oder freiwillig erstellt wird. Diverse Software-Anbieter, die schon Lösungen zum Erstellen von Geschäftsberichten haben, bieten inzwischen Module ihrer Programme für die Nachhaltigkeitsaspekte an.
Wer sich ohne Kosten einarbeiten möchte: Ein EU-Dienstleister (EFRAG) hat aktuell zwei Entwürfe für Berichtsstandards online zur öffentlichen Konsultation gestellt, leider nur auf Englisch.
Wo gibt es weitere Informationen?
Im Internet finden sich viele weitergehende Infos, zum Beispiel (ohne Wertung) auch ein Whitepaper der Lufthansa Industry Solution, das hier gegen Angabe seiner Kontaktdaten frei erhältlich ist.
Tipps
Es gibt etliche Unternehmen, die schon solche Berichte veröffentlichen und in denen Umfang und Inhalte analysiert werden können. Ein direktes Copy-Paste wird aber nur selten die genauen aktuellen, firmenspezifischen Randbedingungen einhalten. Eine eigene Profi-Lösung ist empfehlenswert.
Und: Es kann sich auch lohnen, bei Fragen rund um dieses Thema die örtliche Industrie- und Handelskammer anzusprechen.