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Heinz Wraneschitz

Chillventa-Trend: Großwärmepumpen immer mehr im Kommen

Thematische Einordnung

Mit Wärmepumpen die Erde bewahren. [Foto: Wraneschitz]

Persönliche Messewahrnehmungen von Heinz Wraneschitz

Auch das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) aus Freiburg hat auf der Chillventa am Nürnberger Messegelände einen Stand. Dass das ISE auf der einst als Klimatechnik-Messe gestarteten Veranstaltung vertreten ist, muss nur diejenigen verwundern, die nicht wissen: „In unserem Geschäftsfeld „Klimaneutrale Wärme und Gebäude“ arbeiten alleine 180 Leute“, wie Tobias Mickler informiert. Und: In diesem „großen Standbein“ forsche das ISE seit 20 Jahren besonders an klimaneutralen Kältemitteln wie Propan für Wärmepumpen. Und selbst dessen Bedarf versuche man immer weiter zu reduzieren, wie ein laufendes Forschungsziel des ISE lautet. Und genau der Bereich Wärmepumpen nimmt auf dieser Fachmesse inzwischen breiten Raum ein: Viele der etwa 1000 Ausstellerfirmen stellen hierzu Trends und Innovationen vor.

In der Öffentlichkeit aber gilt die Chillventa weiterhin als zentraler Anlaufpunkt vor allem der Klimatechnik-Branche. Das sieht besonders, wer durch die Halle 9 streift: Dort werkeln jede Menge Junghandwerker:innen am Aufbau von Kälteerzeugern. Denn hier werden auch heuer wieder die jahrgangsbesten Kälteanlagenbauer-Nachwuchskräfte ermittelt.

Passend dazu stehen auch in vielen anderen Hallen auf dem Nürnberger Messegelände riesige wie sehr kleine Lüfter oder Kompressoren im Mittelpunkt der Stände. Aber wer etwas genauer hinschaut, merkt auch: Es verändert sich nach und nach etwas am Verhältnis zwischen Kälte-, Klima-, Lüftungs- und Wärmepumpen-Ausstellern. Ohnehin will die Chillventa schon immer „der internationale zukunftsweisende Hotspot“ aller dieser drei Branchen sein, so die Selbstbeschreibung.

Bestes Beispiel für den Messe-Trend Richtung Wärmepumpe: Die Sonderpräsentation „AIT Heat Pump Innovation Lounge“ des Austrian Institute of Technology. Die AIT-Fachleute stellen dort neueste Entwicklungen und Forschungsergebnisse vor. Und zwar nicht nur zur Optimierung von Wärmepumpen, sondern beispielsweise auch, wie diese in industriellen Trocknungsprozessen eingesetzt werden oder gar als Ersatz für Gasthermen in Wohngebäuden dienen können.

Grün, grün, grün sind viele Messestände; Energiespar- und Klimaschutz-Begriffe werden oft als Standüberschriften von Wärmepumpen-(WP-)Anbietern gewählt. Und grün, grün, grün sind auch viele ausgestellte Produkte angestrichen – zumindest aber mit großen, grünen Etiketten beklebt. Dabei geht es dort oft weniger um solche WP für Einfamilienhäuser, die seit dem Gebäude-Energie-Gesetz GEG der Ampel-Regierung von vielen Seiten schlechtgeredet werden: Viele Firmen präsentieren einerseits Groß-WP für Mehrfamilienhäuser, Miet- oder Gewerbe-Immobilien. Und andererseits sind viele Sonderlösungen zu sehen.

Besonderheiten en masse
Ein paar Beispiele gefällig? Die mobile Luft-Luft-WP der 60 Jahre existierenden Backnanger Firma Kroll. Die kann als Beheizung wie als Kühlung von Zelten, Eventhallen und mehr eingesetzt werden, also auf Festen, Baustellen – aber auch für Flüchtlingsunterkünfte, wie auf dem Stand zu erfahren ist. Oder als Zusatzheizung, sollte die Wärme der vorhandenen Erzeuger nicht mehr ausreichen. Großer Vorteil gegenüber anderen (fossilen?) Heizsystemen: Es ist keine zusätzliche Infrastruktur notwendig – nur ein Stromanschluss – und dann möglichst Ökostrom.

Die Dampf-WP von Atmos-Zero aus Holland. Mit deren Hilfe wird inzwischen sogar energiesparend Bier gebraut. Auch einige Hochtemperatur-WP werden gezeigt. Dazu viele Groß-WP verschiedener Unternehmen, oft kaskadierbar, also durch Aneinanderreihung mehrerer Einzel-WP in der Größe fast unendlich erweiterbar. Die Italiener mit Namen EK-Euroklimat stellen ihre Anlage gar selbstbewusst unter das Motto „There`s no planet B“ vor.

Und damit es der Nachbarschaft nicht zu laut wird wegen der neuen WP: Ipcom Acoustic hat die „professionelle Lösung“ in Form von Schalldämmung für Wärmepumpen und Klimaanlagen. Die Stille ist viel näher als Sie denken“, wirbt die Firma aus der Ukraine für ihre metallenen Gehäuse.

„Wärmepumpen ideale Wahl für Neubauten“
Große Heizungshersteller sind natürlich auch präsent. Buderus zum Beispiel. Dort gibt man zu, dass die WP-Installationen in Neubauten stagnieren. Dennoch ist für Stefan Kunz „die WP dort die ideale Wahl, wenn auch nicht überall der Ersatz einer bestehenden Öl- oder Gasheizung 1:1 geht“. Selbst bei Buderus sieht man ein Händy aus der WP ragen – Komfort wie Fernsteuerbarkeit ist auch hier im Trend. Und dank Kaskadierbarkeit setzt das Unternehmen ebenfalls auf Wärmeversorgungen mit größeren Bedarfen.

Joel Grieshaber am Stand vom Bundesverband Wärmepumpe BWP bestätigt auf jeden Fall den Trend zur Groß-WP. Ein Grund dafür sei genau jene negative öffentliche Darstellung der Gebäude-WP im Zusammenhang mit dem GEG, das von verschiedenen Interessengruppen auf ein „Heizungsgesetz“ reduziert worden ist. Weil der Heizungsmarkt in Deutschland „von großer Verunsicherung geprägt“ gewesen sei, hätten im ersten Quartal 2024 neben Biomasse-Anlagen (minus 81 Prozent) vor allem Gebäude-WP einen massiven Einbruch um 52 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum erlebt. Gleichzeitig stieg die Nachfrage nach fossil befeuerten Ölbrennwertheizungen um 33 Prozent. Dennoch geht man beim Branchenverband BWP davon aus, „wenigstens wieder die Stückzahlen von 2022“ erreichen zu können: Immerhin sei die Menge an Förderanträgen für Heizungs-WP von 2.000 im Januar auf 14.000 im Juli 2024 hochgeschnellt.

Macht kommunale Wärmeplanung WP automatisch zum Standard?
Für die nähere Zukunft setzt der BWP ohnehin darauf, dass die gesetzlich vorgeschriebene kommunale Wärmeplanung die WP in Wohngebieten wieder zum Fast-Standard macht. Denn immerhin kann diese WP-Wärmeversorgung bei Nutzung von Ökostrom leicht die Vorgabe nach einem hohen Regenerativ-Anteil am Energieverbrauch im Haus erfüllen. Wohl auch deshalb sind Kombi-Systeme aus WP und Photovoltaik laut Grieshaber immer mehr gefragt, „und viele Firmen setzen auf Groß-WP“. Ob nur zur grünen Imagepflege oder aus echter Überzeugung?

Doch wie in fast allen Technologie-Branchen: auch im Heizungsbau-Gewerbe begrenze der Fachkräftemangel die allgemein erkennbaren Expansionsbemühungen, merkt BWP-Mann Joel Grieshaber noch an.