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Jörg Sutter

Batteriespeicher cleverer nutzen

Eine Analyse von Jörg Sutter

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[Bild: HTW ]

Die Forscher der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) in Berlin engagieren sich seit Jahren im Bereich der Umsetzung der Energiewende – sei es Professor Volker Quaschning mit seinen Vorträgen und Youtube-Videos zur Energiewende oder das Team um Johannes Weniger, über dessen aktuelle Stromspeicherinspektion ich kürzlich an dieser Stelle berichtet habe.

Jetzt wurde von dieser Arbeitsgruppe eine neue Initiative gestartet, die wir als DGS ausdrücklich begrüßen. Sie trägt den auffordernden Titel: “Dein Stromspeicher kann mehr!“. Es geht dabei darum, auch bereits bestehende Batteriespeicher systemdienlicher zu machen und die Wirtschaftlichkeit für die Besitzer zu verbessern – und das nur mit ein paar Mausklicks.

Wie laden Batteriespeicher bisher?

Stromspeicher waren in der Vergangenheit (und teilweise bis heute) auf ein schnelles Laden durch Solarstrom programmiert. Eine PV-Anlage mit Batteriespeicher hat bei Sonnenaufgang morgens also begonnen, zuerst den eigenen, aktuellen Stromverbrauch im Gebäude zu decken. Mit weiter steigender Solarstromerzeugung ist dann ein Überschuss entstanden, der vollständig in den Batteriespeicher eingespeichert wurde. Die Konsequenz: An einem sonnigen Sommertag war bislang der Speicher um die Mittagszeit bereits voll und die weiteren Solar-Überschüsse am Mittag wurden dann komplett in das Stromnetz abgegeben.

Dabei sind zwei Punkte nicht optimal: Zum einen steht der Speicher dann vollgeladen stundenlang über den Nachmittag herum – was die Lebensdauer der Batterien negativ beeinflusst. Zum anderen haben die Netzbetreiber ein Problem, denn wenn sehr viele Speicher nahezu gleichzeitig auf Netzeinspeisung umschalten, kann das zu Netzproblemen führen.

Netzdienlicher wäre es, wenn die derzeit vorhandenen rund 1,8 Mio. kleinen Heim-Stromspeicher etwas anders geladen würden – das möchte die neue Initiative der HTW nun erreichen.

Jetzt gewünscht: Netzdienliches Laden

Vergleich bisheriges zu netzdienlichem laden
[Bild: HTW]

Was bedeutet nun „netzdienlich“? Die Ladung eines Batteriespeichers sollte nun um die Mittagszeit erfolgen, und nicht mehr direkt am Vormittag mit den ersten Sonnenstrahlen (siehe Bild). Nötig dazu ist nur eine kleine Änderung der Programmierung des Batteriespeichers. Dazu haben sich bereits etliche Speicherhersteller der Initiative der HTW angeschlossen und stellen Informationen zur Umprogrammierung ihrer Systeme bereit. Meist sind es nur wenige Mausklicks in der Software, die aus einem bisherigen Stromspeicher einen netzdienlichen Speicher machen. Dann beginnt der Speicher später mit der Ladung, ist aber trotzdem am Abend (und erst dann brauche ich den Speicher für die Nutzung des Stroms wieder) voll. Schon ab dem Vormittag wird Strom ins Netz eingespeist – und das in einer sanften Einspeisekurve, ohne abrupte Umschaltung. Und: Die „Mittagsspitze“ der PV-Erzeugung landet nicht im Stromnetz, sondern wird abgefangen.

Vorteile für den Betreiber

Doch nicht nur die Netzbetreiber profitieren vom netzdienlichen Laden: Es sichert gleichzeitig auch den weiteren Zubau an PV-Anlagen mit Speichern. Das Bild unten zeigt das Ausbauszenario der nächsten Jahre und das damit wachsende Problem, dass mittags eine immer höhere PV-Leistung an sonnigen Tagen zur Verfügung steht. Ohne die Netzdienlichkeit wäre das kaum beherrschbar. Gleichzeitig wird – das hat die HTW simuliert – auch das EEG-Konto und damit der Steuerzahler um Millionenbeträge entlastet.

PV-Erzeugung in den kommenden Jahren
[Bild: HTW]

Doch wichtiger für den einzelnen Betreiber sind dessen klare Vorteile, die hoffentlich zu einer breiten Umsetzung führen werden: Sein Speicher bekommt eine längere Lebensdauer; die HTW beziffert das mit rund 2 Jahren. Diese länger nutzbare Speicherkapazität zahlt sich aus: Rund 800 Euro könnte das bei einem typischen 10 kWh-Hausspeicher ausmachen, so das Team um Johannes Weniger in einer Beispielrechnung.

Drei Fragen an Johannes Weniger:

3 Fragen zur Initiative hat uns Johannes Weniger freundlicherweise beantwortet:Frage: Ist damit zu rechnen, dass weitere Speicheranbieter der Initiative beitreten?
Weniger: Egal ob eine neue PV-Anlage mit oder ohne Smart Meter installiert wird: Um ein prognosebasiertes Energiemanagement kommt man zukünftig nicht mehr herum, wenn man den Batteriespeicher gezielt dazu einsetzen möchte, die Ertragsverluste aufgrund der neuen regulatorischen Vorgaben zu minimieren. An keinem Speicheranbieter wird dieser Trend vorbeigehen, egal ob er die Initiative „Dein Stromspeicher kann mehr!“ unterstützt oder nicht.

Frage: Ist damit zu rechnen, dass weitere Anbieter das netzdienliche Laden als Standardeinstellung bei Auslieferung anbieten?
Weniger: In 2 Jahren wird es selbstverständlich sein, dass ein intelligenter Energiemanager die Batterieladung vorausschauend auf Basis von Solarstromprognosen und Prognosen des Börsenstrompreises plant. Von daher sollte das netzdienliche Laden schon heute bei allen Geräten standardmäßig aktiviert sein – auch um den Batteriespeicher noch länger und damit wirtschaftlicher zu betreiben.

Frage: Die Initiative passt ja nun auch genau zu den Neuregelungen des „Solarspitzengesetzes“ – wir sehen ja im vergangenen Monat schon wieder 30 Stunden mit negativen Strompreisen um die Mittagszeit. Was ist Deine persönliche Erwartung: Wie viele der kleinen Batteriespeicher werden in diesem Jahr auf den netzdienlichen Betrieb umgestellt?
Weniger: Das hängt davon ab, wie schnell die etablierten Speicherhersteller Softwarelösungen für ihre Geräte anbieten können, um die Verluste aufgrund der neuen 60-%-Einspeisegrenze und der Nullvergütung bei negativen Börsenstrompreisen zu minimieren. Das Solarspitzengesetz betrifft grundsätzlich nur neue PV-Anlagen, die seit Ende Februar 2025 installiert wurden. Allein im Jahr 2024 entfielen 18 % des Stromertrags einer südlich ausgerichteten PV-Anlage auf Zeiten mit negativen Börsenstrompreisen. Dieser Wert wird mit Sicherheit in den nächsten Jahren noch weiter ansteigen. Wir reden hier also über relevante Ertragsverluste, wenn man nicht aktiv wird und den Speicher weiter so wie bisher frühmorgens volllädt.
Vielen Dank für die Beantwortung an Johannes Weniger von der HTW.

Die Links zur Initiative:

Die Initiative wird hier ausführlich beschrieben:
https://solar.htw-berlin.de/dein-stromspeicher-kann-mehr/

Die Beschreibung zur konkreten Umstellung finden sich hier:
https://solar.htw-berlin.de/prognosebasiert-laden/

Ausprobiert? Erfahrung?

Wir sind sehr interessiert: Klappt die Änderung von älteren Speichern wie in der Beschreibung auf der Website beschrieben? Wir würden uns über eine Mitteilung an diese Mailadresse dazu freuen und leiten Erfahrungen damit auch gerne auch an die HTW weiter.